1. Zwischenstopp


    Datum: 30.11.2017, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... aus einem Fiebertraum oder direkt aus der Hölle ragte dort auf. Es musste weit ... sehr weit ... entfernt sein, auf der anderen Seite des Flusses, vielleicht sogar draußen in der Steppe, jenseits von Ornests Farm. Dennoch ragte es weit hinauf in den dunstigen Himmel wie ein Gebirge. Einmal hatte Recart in seiner Jugend das Empire-Massiv gesehen. Das "Ding" dort musste fast genauso hoch sein. Es hatte auch Zacken und Grate wie ein Felsmassiv, herausragende Nadeln und Buckel, und die schiefergraue Farbe nackter Felsen.
    
    Aber war es kein Fels. Natürlich wusste Recart ... rein theoretisch ... was es war. Jeder auf der Welt namens Neu-Virginia wusste das. Nur hatte seit 800 Jahren niemand etwas derartiges gesehen ... seit man nach der Ankunft der Siedler die Arche zerlegt und ihr Material bei der Gründung der Kolonie als wertvolle Rohstoffe verwendet hatte, im Jahr des Herrn 3120 und sieben Jahrhunderte nach dem Start von einem untergehenden Planeten namens Erde.
    
    Recart stand auf der vorderen Veranda ... ein großer, kräftiger Mann in den besten Jahren, mit festen Muskeln und dem gepflegten, dichten Vollbart eines einigermaßen wohlhabenden Farmers ... und blickte Caleb nach. Nero war in die Stadt geritten, um sich umzuhören. Caleb war zwar der zweitjüngste, zugleich aber der zuverlässigste nach Nero. Caleb sollte über den Fluss setzen und sich bei Ornest melden, ihm helfen, falls es etwas zu helfen gab, und wenn möglich die Lage am Rand der Steppe erkunden. Offenbar waren die ...
    ... Ankömmlinge rücksichtvoll genug gewesen, dort draußen zu landen. Denn eins war Recart klar, auch wenn er nie ein solches Gebirge aus Stahl gesehen hatte: Es hatte mit Sicherheit alles zermalmt hatte, was unter ihm lag.
    
    Ein wunderschöner Tag!
    
    dachte Recart.
    
    Ein wahres Gottesgeschenk! Dennoch ...
    
    Er empfand eine unbestimmte Furcht. Nicht, dass er daran zweifelte, woher das Schiff kam. Es hatte niemals Anzeichen fremder Wesen gegeben. Die Menschheit schien die einzige Lebensform, die den Weg zu den Sternen gefunden hatte. Es war nur einfach irgendetwas falsch. Weshalb waren sie hier draußen gelandet, am Rand der besiedelten Zone, und nicht bei einer der Städte?
    
    Caleb war längst zwischen den Büschen verschwunden, wo der Weg zu der kleinen Behelfsfähre führte. Ein plötzlicher Wind fuhr durch die Kronen der großen Bäume unten am Fluss und ließ das Laub rauschen. Aber nein, es war kein Wind! In Gedankenschnelle huschte ein Schatten vorbei, dann noch einer, ovale, blitzende Flugobjekte, jedes etwa so groß wie ein Haus. Zuerst erschrak er. Doch es war logisch. Sie wollten sich umschauen, flogen vielleicht auch direkt in die Stadt ... was hier draußen als Stadt galt, Frisvil mit seinen knapp zweihundert Seelen.
    
    Dann kam eines der Fluggeräte zurück. Es zog eine Schleife über Recarts Hof, zischte und röhrte ... und landete auf der Wiese vor der Einfahrt. Recart atmete tief ein. Sicher war er nicht der erste und einzige, den die Fremden besuchten. Doch sein Hof lag nahe ...
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