1. Verstoßen


    Datum: 13.01.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... seltsame, befremdliche Stimmung in der Hütte des Jägers. Noch immer misstraute die Drow den Absichten des Jägers, der konzentriert am Feuer saß und den Hasen bearbeitete, zutiefst. Er selbst verhielt sich verkrampft, wenn nicht gar schüchtern und entledigte sich erst spät seiner mittlerweile nassen und schweren Felle, die ihn draußen vor der Kälte schützten.
    
    Es wirkte, als hätte er nicht oft Gesellschaft, als hätte er die simplen Regeln der Kommunikation verlernt und macht nun, mit jedem zaghaften Lächeln, mit jeder Geste, wieder die ersten Gehversuche eines Menschen, der der Welt den Rücken gekehrt hatte.
    
    Lledrith erkannte das weiche Herz, das tief in seiner starken Brust schlug. Sein wilder Bart und sein gestählter Körper konnten darüber nicht hinwegtäuschen. Den Arm lehnte sie auf der Rückenlehne dieses so unbeholfenen, doch zweckmäßigen Stuhles ab und machte keinen Hehl daraus, den arbeitenden Mann neugierig zu mustern.
    
    Er gefiel ihr, seine Wildheit, der muskulöse Körper unter seinem grobgewebten Baumwollhemd, die rauhen, starken Hände, die sicher ihrer Arbeit nachgingen. Selbst seine warmen, für ihr Empfinden schwachen, grünen Augen fand sie auf eine exotische Art und Weise attraktiv. Sie fragte sich, seit wann er wohl alleine in der Wildnis lebte und wann er das letzte Mal eine Frau gehabt hatte.
    
    Er bemerkte ihren Blick und stammelte irgendetwas in seiner rauhen, so unmelodischen, menschlichen Sprache. Dabei hielt er das gehäutete Tier hoch, als wolle er ...
    ... ihr zeigen, was für eine gute Arbeit er geleistet hatte. Vielleicht sagte er auch etwas anderes. Die beiden verstanden sich nur über Gesten und über die Feinheiten der Mimik.
    
    Das Bild, welches sich Lledrith von ihrem Retter gemacht hatte, konnte trügen, seine Absichten teuflisch sein. Sie deutete ihn nur, konnte ihn jedoch nicht fragen und hätte mit einer Antwort in seiner Sprache auch nichts anfangen können. So blieb ihr nur abzuwarten, ihn weiter kennenzulernen.
    
    Draußen peitschten heulende Winde gegen die robusten Stämme der Blockhütte. Aufmerksam horchte der Jäger auf, als lausche er einer drohenden Gefahr, deren Entfernung es abzuschätzen galt. Dann legte er das ausgenommene Tier zur Seite, wusch sich die Hände in einem Eimer mit Wasser und wendete sich Lledrith zu. Er deutete mit der Hand auf sein Bett und nickte ihr freundlich zu. Im ersten Moment verstand die Drow sein Deuten als Forderung, sich für ihre Rettung erkenntlich zu zeigen und mit ihm das Lager zu teilen, doch als er ein Kissen und eine dünne Lederdecke unter seinen Arm klemmte, stellte sie mit Entsetzen fest, dass er sein Bett für sie räumte.
    
    Nie zuvor hatte die Dunkelelfe derartiges erlebt, sie empfand diesen freundlichen Akt sogar als skandalös. Hätte er es als Bezahlung verlangt, so hätte sie mit dem Wilden geschlafen, doch das er es vorzieht, in seinem eigenen Heim auf dem Boden zu schlafen, damit sie in seinem Bett den Komfort hat, ihre Wunden auszukurieren, ging ihr zu weit, es grenzte an ...
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