1. Wenn die Nachtigall erwacht 09


    Datum: 12.11.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    Sven starrte auf sein Handy. Nachdem er auf Miriams Bitte nach einer Aussprache, abweisend geantwortet hatte, hoffte er auf eine weitere Nachricht von ihr. Er wollte sie mindestens bis morgen zappeln lassen. Aber sie schickte keine weiteren Nachrichten mehr. Sven grübelte, was er davon halten sollte. Er bekam Angst, ob es nun zu Ende ging. Aber er zwang sich, ihr heute keine Nachricht mehr zu schicken. Wenn er jetzt nicht standhaft blieb, würde er sich lächerlich machen.
    
    Er hoffte, dass er den Bogen nicht überspannte, denn er vermisste Miriam auf eine brutal schmerzhafte Art. Sven hätte den Disput am liebsten zur Seite geschoben, um mit ihr gemeinsam einzuschlafen. Einfach eine Nacht Kraft tanken und morgen weiter streiten - aber das ging nicht. Er war alleine und es war bereits später Abend.
    
    Schließlich nickte Sven in einer sehr unbequemen Körperhaltung ein und schreckte ein paar Stunden später wieder auf, weil ihm sein Rücken schmerzte. Sein erster Blick galt dem Mobiltelefon, das neben seinem Kopf lag. Miriam hatte immer noch keine Nachricht geschickt. Es war tiefe Nacht, wahrscheinlich schlief sie gerade. Er hoffte, sie würde schlafen - es war schrecklich, nicht zu wissen, was sie gerade tat. Sven wünschte sich, sie würde um ihn weinen, das würde ihn jetzt glücklich machen. Das würde bedeuten, dass er ihr nicht egal war. Sven tippte eine Nachricht auf sein Display und drückte schnell auf 'Senden', bevor ihm sein Stolz wieder in die Quere kam. "Mein Herz sagt ja, ...
    ... bitte antworte."
    
    Er starrte erneut aufs Display seines Handys und fragte sich, wann Miriam diese Nachricht lesen würde. Wenn sie schlief oder ihr Gerät wieder einmal demontiert war, würde er erst in Stunden mit einer Antwort rechnen können. Die Gewissheit, dass sie ihn ganz dringend brauchte, schlug wie ein Blitz in seiner Gedankenwelt ein. Spielte sein Verstand nun komplett verrückt? Er war vernarrt in Miriam. Gleichzeitig hatte sie ihn zutiefst verletzt und jetzt bildete er sich ein, sie wäre dringend auf seine Hilfe angewiesen. Er wollte nicht wie ein Kaninchen vor der Schlange auf sein Handy starren und sich mit Ungewissheit quälen. Fünf Minuten später saß er in seinem klapprigen Kleinwagen und fuhr zu Miriam.
    
    *
    
    Sven erreichte die alte Maschinenhalle mit quietschenden Reifen. Die Halle war in der Nacht tiefdunkel und seine Taschenlampe warf nur einen schwachen Lichtkegel. Im Bürotrakt brannte Licht. Er rannte die Metalltreppe hoch, öffnete die Tür zu Miriams Unterkunft und eilte den Gang entlang. Miriams blonde Haare waren das Einzige, das er vom Gang aus in dem Nest aus Tentakeln erkannte. Sie schien zu schlafen. Aber sie trug Kleidung und hatte ihre menschliche Erscheinung beibehalten. Normal interagierte sie mit der Pflanze nur in Gestalt der Blauen Königin.
    
    ‚Gut, dass du endlich kommst, sie wird immer schwächer', hörte Sven in seinem Kopf und er schaute V'nyx den IV. an.
    
    »Was ist mit ihr?«, fragte Sven geschockt. Miriams Gesichtsfarbe hob sich kaum von der ...
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