1. Die Nachtschwester


    Datum: 13.06.2019, Kategorien: Romantisch

    Warum musste ausgerechnet mir dieses Missgeschick passieren? Seit vielen Jahren fahre ich umsichtig und unfallfrei mit meinem roten Motorrad japanischer Herkunft durch halb Europa. Selbst der aberwitzige Verkehr in Griechenland und in Italien hinterließ nicht einen Kratzer auf dem roten Lack. Ich hatte doch den blöden Lkw rückwärts aus der Einfahrt fahren sehen. Aber anstatt anzuhalten, habe ich mit meinem Motorrad elegant einen Haken geschlagen. Beim Wiedereinscheren nach rechts rutschte mir plötzlich das Hinterrad auf dem feuchten Kopfsteinpflaster weg und ich stürzte auf die Straße. Mir war sofort klar, es musste etwas Dummes passiert sein. Mein rechter Unterschenkel tat schlagartig weh und ich bekam dort ein taubes Gefühl. Ich weiß nicht wie lange ich mit dem Bein unter meinem Motorrad gelegen bin, es dauerte etwas bis zwei junge Männer angerannt kamen und es von mir herunter hoben. Ein kurzer Blick in Richtung Stiefel genügte mir, das Bein war gebrochen. Alle Flüche über diese schnöde Welt halfen nichts, ausgerechnet in München kam nach nicht einmal 250 km Fahrtstrecke das jähe Ende meiner einwöchigen Tour in Richtung Toskana.
    
    Bis die eifrigen Jungs des Bayerischen Roten Kreuzes mit ihrer Krankenkutsche kamen, vergingen vermutlich nur wenige Minuten, aber sie waren gefühlte Stunden. Das Blut in meinem Bein pochte wie irre und auch die Menschen, die sich um mich sorgten und bereits Wetten auf einen glatten oder komplizierten Bruch abschlossen, trugen nicht wirklich ...
    ... zu meiner Beruhigung bei. Wenigstens hatte man mir beim Abnehmen des Helmes nicht den Kopf mit abgerissen. Trotz meines lauten Protestes und dem Versuch, ihn selbst herunterzunehmen, hatte ein Schlaumeier versucht ihn mir vom Kopf zu ziehen ohne vorher die Schließe zu löse. Ich konnte schon immer laut schreien, also hatte er es schnell begriffen und ich konnte mich selbst vom Helm befreien.
    
    Der freundliche junge Sanitäter meinte trocken: "jo mei Kollege, dös is blöd glaffa" (für nicht süddeutsche Mitbürger: "Oh mein Freund, ich glaube, da ist dir aber etwas sehr Dummes passiert") und gab mir zu verstehen, dass offensichtlich mindestens das Schienbein gebrochen sei. Sie packten mich auf die Vakuum-Matratze und schoben mich in den Transporter. Mein neuer Freund kümmerte sich rührend um mich, während sein Kollege sich mit der inzwischen herbeigeeilten Polizeistreife unterhielt. Ein freundlicher Mann in grün nahm schnell meine Daten auf und versprach, das unbeschädigte Motorrad von einem ADAC-Dienst abholen und vorerst sicher unterstellen zu lassen.
    
    Währenddessen kündigte mir der Sanitäter an, dass er nun gedenke meinen Stiefel auszuziehen und bat mich höflichst, doch nicht zu laut zu schreien dabei. Ich rollte mein Stofftaschentuch zusammen und biss feste darauf. Auf mein Nicken hin zog er mir den Stiefel aus und ich schrie meinen Schmerz in den dicken Stoff. Sein sorgenvolles Gesicht sprach Bände und er holte eine große Schere, um mir meine Lederhose aufzuschneiden. Ich ...
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