1. Totem 03


    Datum: 15.12.2018, Kategorien: Fetisch

    ... mal aus dem Verkehr gezogen. Das musste wirklich sein, Laila. Es war höchste Zeit. Wusstest du, dass Vater schon einmal eine leichte Herzattacke hatte und niemandem etwas davon gesagt hat?«, meint sie vorwurfsvoll. »Ich hoffe, dein Vater ist jetzt zur Besinnung gekommen. Aber er muss halt immer was zu tun haben. Er ist unverbesserlich -- wenn er genauso auf sich acht geben würde, wie auf den Garten -- ich rufe ihn jetzt mal rein.«
    
    Wir sitzen lange am Tisch, unterhalten uns. Ich höre auf die leisen Zwischentöne. Mutter ist wie immer bemüht. Nicht allein, was Kuchen und Kaffee angeht. Vater fragt nach meiner Arbeit, gibt mir Tipps oder erzählt von sich und seinem Alltag. Er fühlt sich nutzlos, muss sich daran gewöhnen, kürzer zu treten. Die Schule fehlt ihm. Petra taxiert mich, hakt geschickt nach, wenn es bei mir um mehr zu gehen scheint, als um Arbeit, Studium und Freizeitgestaltung. Vaters Herzattacke ist in diesen seltenen Stunden ein Randthema für mich. Ich blocke, als Petra es thematisieren will. Ich habe es ihm bereits am Telefon gesagt, war sauer auf ihn, will ihn nicht auch noch verlieren. Er hat sich erinnert, mich weinen gehört und es verstanden.
    
    »Ich muss bald los«, meine ich und schaue auf meine Armbanduhr.
    
    »Lasse dich bei uns öfter sehen, Laila. Vielleicht kommen wir dich in den nächsten Wochen für einen Nachmittag besuchen? Wäre doch schön, wenn wir es einrichten könnten«, meint Mutter und schaut Papa an.
    
    »Ja, ist zwar eine lange Fahrt bis nach ...
    ... Frankfurt, aber die nehmen wir gerne auf uns. Zumal es dort einen wunderschönen botanischen Garten gibt, den du hoffentlich -- trotz deiner Arbeit -- schon besucht hast«, zwinkert er mir zu.
    
    »Ja, das machen wir. Wir nehmen uns Zeit dafür«, erwidere ich und schaue ihn liebevoll an.
    
    »Es gibt nicht nur die Arbeit, mein Sonnenschein.«
    
    »Du warst mir in allem stets ein Vorbild, Papa.«
    
    Er lächelt mich schelmisch an und nickt mir zu. »Ja, man kann so alt sein wie ein Ochse und sich verhalten wie ein junger Esel. Keine Angst, mein Sonnenschein, ich gebe in Zukunft mehr auf mich acht.«
    
    »Ich habe noch eine Bitte, Papa: Wie du weißt, verdiene ich jetzt genügend Geld. Du musst mir nichts mehr zur Miete dazu geben. Ich kann mir bei meinem derzeitigen Verdienst sogar eine größere Wohnung leisten und denke darüber nach, mir eine andere zu suchen, die näher an meiner Arbeitsstelle liegt. Dann kann ich auch mal öffentliche Verkehrsmittel benutzen und etwas lesen. Das Schlimme ist der ständige Stau auf der Autobahn und der zähe Berufsverkehr in der Innenstadt. Da muss ich jeden Morgen und jeden Nachmittag mit dem Auto durch und dabei verliere ich einfach zu viel Zeit, die ich viel besser nutzen könnte. Dazu spare ich auch an Benzin. Mal schauen, was sich ergibt, Papa. Ist nicht einfach, etwas passendes zu finden. Der Wohnungsmarkt gibt momentan leider nicht viel her, was für mich räumlich und von der Wohnlage her in Frage käme. Na ja, in meinem finanziellen Rahmen muss es trotzdem ...
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