1. Ausweglos - Teil 1


    Datum: 21.09.2018, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... übermotorisierten Flitzer in unvernünftiger Geschwindigkeit Richtung Norden um dann, kaum die Autobahn verlassend, lammfromm vor sich hin zu tuckeln. Durch Bernau, eine unvergleichlich hässliche Stadt die nun, im Dunstkreis der neuen Bundeshauptstadt gelegen tief einatmete, sich vergrößerte und mit jedem Atemzug uniformer und abstoßender wurde. Vielleicht sag ich das aber nur als Rheinsbergerin so. Anja war es egal. Als am Straßenrand das Schild – „Table-Dance 24 h“ im leichten Niesel erschien, krampfte sich mein Magen zusammen. Nur der Gedanke an die Miete für meine WG-Beteiligung, mit der ich zwei Monate im Rückstand war und an meine Mutter, der ich ganz gewiss nicht mit weiteren Geldforderungen kommen wollte, gaben mir die Kraft auszusteigen. Auch direkt über dem Eingang blinkte ein Schild, hier noch ergänzt durch einen angedeuteten Frauenleib, der sich um eine Stange legte. „Na komm schon Kleine, lass uns den Laden aufmischen!“ Aus meinen Gedanken gerissen folgte ich Anja, die leise fluchend auf dem nassen schlecht beleuchteten Pfad auf eine metallene Hintertür zusteuerte und auf eine Klingel mit dem Schild „Personal“ drückte. Es öffnete, wie in einem kitschigen Film, ein Gorilla von einem Mann – Stiernacken, Glatze, Anzug, Hemd und Sakko über der Brust spannend. Wortlos glubschte er mich an, Anja völlig ignorierend, meinen leisen Gruß nicht erwidernd.
    
    Nach einigen Stufen die in eine Art Keller führten, betraten wir einen mit „Büro“ beschriebenen weiß gekalkten ...
    ... Raum. Kälte aus jeder Pore. Kein Heizkörper. Weiße Wände. Weiße Decke. Weiße Bodenfliesen. Kein Fenster, dafür ein leise ratternder Lüfter. Ein Glastisch – vermutlich von IKEA ebenso wie der Kleiderständer und der Edelstahlstuhl der die Einrichtung vervollständigte. Und dann natürlich der Geschäftsführer, ein gegelter Bubi, wenn überhaupt, nur wenig älter als ich, der Anja, kam dass wir das Kühlhaus betreten hatten mit einem Wink und den Worten „Beweg Deinen Arsch, geh derweil Irina zur Hand.“ wieder herausexpedierte. Und dann war da nicht nur die Kälte. Es war jetzt das Verlassensein, das mich mit unsagbarer Intensität niederdrückte. Und es war der Bubi, der es nicht einmal für nötig hielt, mich zu begrüßen, stattdessen auf einem Klemmbrett einen nicht funktionierenden Kugelschreiber malträtierte. Dies zog sich über sicher zwei Minuten, die mir wie 20 vorkamen. Dann blickte er auf. „Häng Deine Tasche an den Ständer und komm her!“ Seine Stimme war eine Idee gedämpfter als eben bei der Anweisung an Anja. Aber nur eine Idee. „Dir sind die Bedingungen bekannt?“ drang es, im kalten ausgeräumten Raum nachhallend, an mein Ohr. „Im Groben ja.“ Presste ich heraus aber bevor ich etwas nachschieben konnte sagte er geschäftsmäßig: „Mittwoch, Freitag und Samstag. Stangenzeit 19:00 bis 00:00 Uhr. Reine Stangenzeit! Vor- und Nachbereitungszeit ohne Vergütung. 50 DM die Stunde. Also 750 DM die Woche als Festbetrag. Was in deinem Slip oder sonstwo landet, kannst Du auch behalten. Wenn Du mehr ...
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