1. Schöne Bescherung


    Datum: 10.08.2018, Kategorien: Medien,

    Im Büro war wieder einmal der Teufel los gewesen. Alles ging drunter und drüber. Ich war froh endlich meinen Computer ausschalten und nach Hause gehen zu können. Es war viel zu warm für die Jahreszeit, vom Winter keine Spur. Der Christkindlmarkt lag grau und trist im Dämmerlicht und versuchte quälend mit altbekannten Liedern Vorweihnachtsstimmung zu verbreiten. Ich beeilte mich, möglichst schnell Gedränge und Glühweinfahnen hinter mir zu lassen. Nur noch ein heißes Bad, eine Pizza und Fernsehen im Bett, das war alles, was ich mir in diesem Augenblick wünschte. Die U-Bahn war wie immer überfüllt gewesen und meine Wohnungstür erschien mir wie das Tor zum Paradies.
    
    Ich hatte den Schlüssel noch nicht einmal ins Schloss gesteckt, da stand meine Nachbarin schon neben mir im Flur. Guten Abend Fräulein Wiesinger! Ein junger Mann hat mir ein Päckchen für Sie gegeben, da hat wohl jemand für Sie Nikolaus gespielt. Sie drückte mir ein in Weihnachtspapier eingewickeltes Päckchen, etwa so groß wie eine Schuhschachtel, in die Hand.Danke Frau Reitner, nett von Ihnen, dass Sie es für mich entgegengenommen haben. Das hab ich doch gerne gemacht, von wem ist es denn? Neugierig blieb sie stehen. Ich weis es nicht, es steht kein Name auf der Karte. Vielen Dank noch mal und guten Abend. Es konnte nur von Karl sein. Auf der Karte stand: Für meinen kleine Chrissi vom Nikolaus! Ich heiße Christine und nur er hatte mich bisher so genannt. Neugierig schloss ich die Tür hinter mir zu und ...
    ... entfernte das Geschenkpapier. Eine edel aufgemachte Schachtel, dunkelroter Samt mit der Aufschrift Ashford in goldenen Buchstaben, kam zum Vorschein. Ungeduldig hob ich den Deckel. Der Inhalt war in Seidenpapier verpackt und oben auf lag ein Hochglanzkatalog - Mieder und Korsetts. Im Papier eingewickelt war ein schwarzes Korsett aus feinster Seide, mit Schnürung im Rücken und angesetzten Strumpfhaltern - sündteuer - und dazu passend ein Paar schwarzer Seidenstrümpfe. Wie kommt Karl dazu, mir so ein Zeug zu schenken. Es ist überhaupt nicht mein Stil. Ich bin eher der sportlich saloppe Typ und mein liebstes Outfit sind Jeans, T-Shirt und Baumwollslip.
    
    Fürs erste legte ich die Teile wieder zurück in die Schachtel. Erst jetzt fand ich Zeit, mir Schuhe und Mantel auszuziehen. Ich ging ins Bad, drehte das Wasser auf und holte mir ein Glas Milch aus der Küche. Der Katalog lag noch in der Diele. Mit Katalog und Milch bewaffnet ging ich zurück ins Bad, Radio an, raus aus den Klamotten und rein in die Wanne. Es war herrlich, das warme Wasser, die leise Musik, bei einem Vollbad konnte ich von je her am besten entspannen. Der ganze Ärger und Frust des Tages war wie weggespült. Ich fingerte nach dem Katalog und ich fing an in ihm zu blättern. Es war ein richtiges Hochglanzmagazin. Das gesamte Miedersortiment der Firma Ashford war hier in typisch englischem Ambiente in Szene gesetzt. Hübsche Frauen beim Picknick, beim Golfen oder Bogenschießen, vor und in alt erwürdigen Adelssitzen oder in ...
«1234»