Juliana und die Piraten II
Datum: 06.07.2018,
Kategorien:
Macht / Ohnmacht
... abgelegt zu haben und dabei vom Stallburschen beobachtet worden zu sein. Im Übrigen gab sie sich wortkarg. Glücklicherweise hatten ihre Eltern wenig Fantasie, was lustvolle Dinge und die spielerische Veranlagung ihrer Tochter anbelangen könnte, so dass es bei einer strengen Ermahnung, ihre Kleidung künftig in ihrem Zimmer und keinesfalls an durch Bedienstete einsehbarer Stelle zu wechseln, einer Woche Hausarrest und vier Wochen Reitverbot als Strafe für ihre Unvorsicht sein Bewenden hatte. Juliana musste sich grösste Mühe geben, zerknirscht zu tun und nicht ob der Dummheit ihrer Eltern herauszulachen. Von den Erlebnissen im Pferdestall zehrte sie in ihren Gedanken noch manche Jahre.
Nun aber steht Juliana nicht in einem Pferdestall vor einem netten Stallburschen, sondern mitten in einer Männerkajüte auf einem Seeräuberschiff. Es ist kein Spiel, sondern die Situation erscheint als bedrohlich, insbesondere da ihr der Fluchtweg abgeschnitten ist und sie sowieso nicht weiss, wohin sie flüchten könnte. Dann aber ertönt für sie befreiend der grobe Ruf eines der Männer: Schmeisst das Weib endlich raus! Der Pirat gibt Juliana den Weg frei und zischt ihr zu, sie würden schon noch zusammen auf ihre Kosten kommen.
Der weitere Rundgang durch den Bauch des Schiffes ergibt zunächst wenig Interessantes: Lebensmittelvorräte, Beutestücke verschiedenster Art, kaum viel ...
... Wertvolles. Die Piraten scheinen auf ihren Beutezügen wahllos zu nehmen, was ihnen gerade in die Finger gerät. Als sie weiter Richtung Bug geht, hört sie plötzlich eine weibliche Stimme aufschreien: O là là ... Merde ... Sacre Coeur ... Tu es mon taureau! (O lala ... Verdammt ... Heiliges Herz ... Du bist mein Stier!) und ein lautes Keuchen. Ein Matrose, der gerade neben Juliana steht, klärt diese lachend auf, die Veronique mache immer einen Affenkrach, wenn ihr einer es schön besorge. Er bekomme nur schon vom Zuhören fast einen Harten. Nun also weiss Juliana wer die weitere Frau an Bord ist. Sie bewundert und beneidet spontan die Französin und fragt sich, ob sie selbst je die Kraft und den Mut haben werde, ihre Lust so kraftvoll und frei herauszuschreien. Die wenigen Male, da sie einen Kerl unmittelbar an oder in sich spüren durfte, verhielt sie sich doch sehr zurückhaltend. Selbstverständlich begibt sich Juliana nicht weiter nach vorn. Sie wird heute Nachmittag, wenn dort nichts los ist, die Nische vorne im Bug aufsuchen und dabei ein erstes Mal das stattliche Bett sehen, das einmal bei einem Überfall auf ein Schiff in einer Kabine entdeckt wurde und seinen Weg auf die \"Adrienne\" fand.
Juliana hat nun für den Moment genug gesehen und kehrt in die Frauenkajüte zurück. Sie legt sich in ihre Hängematte und lässt ihre Gedanken schweifen.
(Fortsetzung folgt)