1. Rowan: Die Nachtgestalt


    Datum: 18.06.2018, Kategorien: Reif Fetisch

    ... seinem Herzen war er jedoch ganz woanders. Ein freudloses Leben.
    
    Mit zittrigen Händen ließ Rowan den schwachen Ochsen vom Wagen und ließ ihn laufen. Rowan wusste, dass er viel zu alt und entkräftet war, um wegzulaufen. Der Ochse wusste das anscheinend auch. Rowan war sich sicher, dass ihn sein alter Weggefährte nicht verlassen würde; und wenn, würde er dies als Schicksal hinnehmen. Als er fertig war, wurde es schon dunkel. Müde ging er ins Haus und blieb kurz in der Tür stehen. Tief durch die Nase atmend bildete er sich ein, einen ganzen schwachen Duft von Sybills Lavendelduft wahrzunehmen, welcher sich seit ihrem Tod im Haus hielt. Rowan war sich darüber im Klaren, dass der Duft nicht ewig im Haus wären würde und irgendwann verflogen war. Er hatte Angst davor, diese schwache und letzte weltliche Erinnerung an Sybill zu verlieren.
    
    Im Flur entzündete er eine Kerze, die auf einer kleinen Kommode stand. Es handelte sich um eine teure Bienenwachskerze, die er Sybill einmal zum Hochzeitstag geschenkt hatte. Diese Kostbarkeit hatte Rowan von seiner Mutter bekommen, als dieser noch ein kleiner Junge war.
    
    “Pass gut auf die Kerze auf und entfache sie niemals. Sie soll dir dein kostbarstes Hab und Gut sein”, sprach sie damals. Rowan wusste, wie abergläubisch seine Mutter war – doch dass die Kerze zweifelsfrei wertvoll war, war ihm bewusst. Sybill und Rowan hatten die Kerze nie benutzt, da Bienenwachs eines der teuersten Materialien war, aus denen Kerzen hergestellt wurden. ...
    ... Er schenkte sie Sybill als Symbol für ihren Wert in Rowans Leben.
    
    Rowan ging in den Schlafraum, der sich am anderen Ende des Flures befand. Die Kerze ließ er brennen.. Er fühlte sich nicht so alleine, wenn das Haus nachts nicht komplett dunkel war. Das die Kerze herunterbrannte und irgendwann nicht mehr vorhanden sein würde, kümmerte Rowan nicht. Die Kerze als Symbol seiner Liebe hatte ihre Bedeutung ohne Sybill verloren und konnte nun keinen anderen Sinn mehr erfüllen, als ein wenig warmes Licht in der Dunkelheit zu spenden.
    
    Im Bett wälzte Rowan sich stundenlang umher.
    
    “Hätte ich diesen Gaul doch einfach laufen lassen.”
    
    Still liefen Tränen sein Gesicht herab und tropften auf das Kissen. Wimmernd lag er dort, bis der Schlaf ihn einholte und in ein Reich voller düsterer Träume riss.
    
    Mitten in der Nacht wurde Rowan wach. Er wusste nicht genau wieso, doch beschlich ihn das Gefühl, jemand würde in beobachten. Mit gespitzten Ohren stand er aus dem Bett auf, sehr darauf bedacht, kein lautes Knarzen zu verursachen. Suchend blickte er sich im Schlafzimmer um, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen. Mehr oder minder beruhigt schaute er aus dem Fenster. Es war eine milde Sommernacht. Er konnte erkennen, wie sich die Blätter des Eichenbaumes seicht vor dem Hintergrund des dunklen Himmels im Wind wiegten. Gerade wollte er sich wieder ins Bett legen, da umspielte ein leichter Windzug seinen Nacken. Hatte er vergessen, die Haustür hinter sich zu schließen?
    
    Schnell ...
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