1. Verliebt in die Protagonistin - eigentlich


    Datum: 22.04.2018, Kategorien: Sonstige,

    ... "Hallo Schatz, ich hab Dir ein paar Croissants mitgebracht, Essen gibt es erst heute Abend." Sie deutete auf einen Bäckerbeutel. "Wie soll ich sagen, - zu meiner Schande muss ich gestehen, ich habe die Geschichte mit Olga komplett gelesen. Der Ausschnitt letztens war wirklich unterste Schublade, aber mit der Geschichte drumherum wirkt es ganz anders." Sie lächelte mich an, ihre Augen vergruben sich in den meinen.
    
    Ich freute mich über das Lob, aber dann fragte sie knallhart: "Hast Du Dich beim Schreiben in Olga verliebt? Sie ist zwar nur eine Fiktion, die detaillierte Beschreibung ihrer Seele legt es aber für mich nahe. Also?" Hatte ich mit der Eifersucht richtig gelegen, lag sie mit ihrer Vermutung richtig. Ich musste über mich selbst, noch mehr über sie, lachen. Ich hob den Daumen, schon kam die nächste Frage: "Es ist fast fünfunddreißig Jahre her, da war ich genau diese naive Olga. Viele ihrer beschriebenen Seelenqualen sind wie es bei mir war, nur hätte ich mich nicht getraut...?" Ihre Augen fixierten mich weiter, forderten eine Antwort.
    
    "Olga ist wie ein gutes Essen. Aus bekannten Zutaten, ein wenig Feingefühl beim Abschmecken und dem richtigen Garpunkt, wird es zu einer stimmigen Einheit.Du hast es erkannt, Olga hat vieles von Dir, nicht ausgesprochene Wünsche von mir." Wir besprachen noch den Abend, unsere Tochter hatte sich Besuch für eine Party eingeladen, da ich ja normalerweise erst einen Tag später zurück gewesen wäre. Ab 18:00 wäre sie in unserem ...
    ... Kleingarten, so hatte meine Frau es unserer Tochter versprochen, damit hier eine freie Zone, ohne wachsame Eltern, entstünde.
    
    Sie war trotz Feierabend für diese Woche in Eile. Im Schnellverfahren wurde ich über Kleinigkeiten informiert: "Hier die Unterlagen für die Gartenübernahme könntest Du abheften. Und die Gebühren überweist Du bitte! Bei Frau Meyer funktioniert der Durchlauferhitzer nicht. Ich hatte ihr gesagt dass Du Dich erst Samstag darum kümmern könntest, aber vielleicht schaffst Du es ja heute noch, dann hätten wir mal ein Wochenende zum Relaxen. Bis später Schatz!" Schon machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand durch die Haustür.
    
    Der Garten war auf unsere Tochter überschrieben, da sie ja seit drei Monaten einundzwanzig war, entsprach es auch den Bedingungen der Satzung. Ein cleverer Schachzug, da jedes Mitglied nur einen Garten haben durfte. So hatten wir weiterhin zwei große Gärten, unseren eigenen und den von meinem verstorbenen Vater. Innerhalb von vier Wochen waren zu Jahresbeginn erst meine Mutter und dann mein Vater verstorben.
    
    Meine Eltern waren das Sinnbild einer verheizten Kriegsgeneration. Mein Vater kam mit vierzehn Jahren in die Lehre, ein Jahr vor dem zweiten Weltkrieg. Im dritten Lehrjahr, drei Monate vor der Prüfung, wurde der Betrieb zwangsweise geschlossen da der Ausbilder Jude war. Kein anderer Ausbilder wollte ihn übernehmen, die Angst vor Repressalien war riesig, und so wurde er nicht zur Prüfung zugelassen. Mit einem Hilfsarbeiterjob ...
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