Liebe Tod und Neuanfang 05
Datum: 15.04.2018,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... so endlos vorgekommen war, dass wir an ein Ende gar nicht gedacht hatten.
Nach ein paar Tagen, in denen ich Silvia immer wieder in die Arme genommen hatte und sie hemmungslos weinte, ging eine Verwandlung mit ihr vor sich. Ich hatte einmal gelesen, dass Menschen denen so etwas passiert in verschiedene Phasen kommen. Zuerst die Verleugnung. Sie redeten sich ein, dass alles nicht stimmte und alle anderen gar nicht wussten, wovon die sprachen.
Soweit ich noch weiß waren es normalerweise vier Phasen, aber die machte Silvia nicht durch. Sie hatte schnell verstanden, dass es so war. In ihr reifte die Erkenntnis, dass sie sowieso nichts dagegen tun konnte und somit lieber die Zeit nutzen wollte, die ihr blieb.
In der nächsten Zeit hatte ich den Eindruck, dass ich mir mehr Sorgen machte als sie selber. Sie nahm wirklich jeden Tag so hin, als wenn es ihr Letzter war. Sie erfreute sich an Dingen, die mir vorher noch gar nicht aufgefallen waren. Die sah die kleinen Wunder, die um uns herum waren, und wartete nicht mehr auf die Großen.
So konnte sie sich darüber erfreuen, wenn die Blumen aufgingen, die ich ihr mitgebracht hatte oder sie saß stundenlang am Fenster und sah zu, wie es regnete. Kam dann die Sonne hervor, lief sie, selbst wenn es kalt war mit nackten Füßen auf den Rasen im Garten, und sprang fröhlich umher.
Ich selber stand dann oft in der Tür und sah ihr dabei zu. Tränen liefen mir die Wangen herunter, die ich schnell abwischte, wenn sie zu mir gerannt kam, ...
... um mich mit auf den Rasen zu ziehen.
War es mir zuvor nicht aufgefallen, sah man es jetzt immer deutlicher, dass es ihr nicht gut ging. Das Sprechen wurde immer schwerer für sie und sie konnte sich nicht mehr lange konzentrieren. Sie vergaß vieles wieder so schnell, wie sie es gelernt hatte. Dazu wurde ihr Gleichgewichtsinn immer mehr beeinflusst. Sie konnte bald nicht mehr laufen, ohne sich festzuhalten.
Das war die Zeit, als wir am Tisch saßen und sie mir erzählte, was sie wollte, wenn sie nicht mehr war.
Sie wollte nur ein kleines Urnengrab, damit ich nicht so viel damit zu tun hatte. Sie wollte es sich allerdings selber aussuchen. Also schob ich sie mit dem Rollstuhl, den wir inzwischen besorgt hatten zum Beerdigungsinstitut und sie suche sich eine Stelle aus.
Am nächsten Tag schob ich sie auf den Friedhof und wir suchten nach der Stelle. Als wir sie fanden, betrachtete Silvia sie sehr genau.
Ein alter Baum stand fast direkt daneben, nur eine Stelle war noch davor frei die ungenutzt war. Auf der anderen Seite war schon alles belegt.
Silvia meinte nur, dass es eine gute Stelle sei. Sie hätte sich das Richtige ausgesucht. Dann wollte sie nach Hause. Die ganze Zeit auf dem Weg zurück liefen mir die Tränen über die Wange und ich wollte nicht, dass Silvia es sah. Aber ich konnte es nicht verhindern. Sie drehte sich plötzlich um und bekam es mit.
Dann sagte sie: „ Du musst nicht weinen. Wir hatten eine so tolle Zeit miteinander. Denke an die schönen Dinge, ...