1. Alles Geile zum Muttertag


    Datum: 09.04.2018, Kategorien: Betagt,

    Das Klingeln an der Tür ließ Sabine aufschrecken. Die alleinstehende Frau hatte nicht mit Besuch gerechnet und trug noch ihren Morgenmantel. Vielleicht war es der Nachbar, der mal wieder etwas von ihr brauchte. So war es schließlich immer.
    
    Die hübsche Frau in den Vierzigern war es gewohnt, dass man sie brauchte. Früher als Ehefrau und als Mutter von zwei inzwischen erwachsene Kindern. Dann, nach der Scheidung, als Mädchen für Alles in einem Hotel.
    
    „Hallo Frau Willner, alles Gute zum Muttertag", begrüßte sie eine freundliche Stimme. Sabine konnte das Gesicht erst gar nicht erkennen, denn ein großer Blumenstrauß mit Rosen verdeckte ihr Sichtfeld. Die Stimme jedoch kannte sie.
    
    „Hallo Rolf. Danke!", erwiderte sie ehrlich und nahm die Blumen in Empfang. Rolf war einst der beste Freund ihres Sohnes. Zumindest damals in der Grundschule. Inzwischen war aus beiden Jungen erwachsene Männer geworden, die jeder für sich seinen eigenen Weg gingen.
    
    Überrumpelt von dem großen Blumenstrauß bat Sabine den Jungen in ihre kleine Wohnung. Sie kannte ihn gut, als er noch ein kleiner Junge war. Damals war er oft bei ihnen zu Besuch gewesen, doch sein Besuch jetzt verwirrte sie.
    
    „Wie komme ich zu der Ehre deines Besuchs", fragte Sabine schließlich, als sie die Blumen in eine Vase stellte.
    
    „Ich habe mir gedacht, ich mache Ihnen eine Freunde damit, Frau Willner", meinte Rolf mit einem charmanten Lächeln und betrachtete die Frau, die so alt war, wie seine eigene Mutter.
    
    „Oh, das ...
    ... ist aber lieb", antworte Sabine. „Wie kommst du darauf? Sonst haben scheinbar alle es vergessen."
    
    „Ach", lächelte Rolf, „Ich dachte mir sowas und da ich gerade wieder in der Gegend war, wollte ich Ihnen eine Freude machen, Frau Willner."
    
    „Du bist echt ein lieber Junge. Denkst sogar an fremde Mütter. Ich wünschte, alle Jungen wären so wie du, Rolf. Willst du etwas trinken?"
    
    Rolf nickte und Sabine öffnete für ihren Gast eine Flasche Sekt, die schon seit Monaten ungenutzt im Kühlschrank stand. Eigentlich trank sie keinen Alkohol, aber für die allein lebende Frau gab es selten etwas zu Feiern. Rolfs Besuch hatte sie wirklich gerührt. Sie schenkte zwei Gläser ein und setzte sich gemeinsam mit ihm auf das Sofa im Wohnzimmer.
    
    „Prost, Frau Willner. Noch einmal alles Gute zum Muttertag." Die Gläser klirrten leicht, dann tranken sie gemeinsam.
    
    „Sabine, bitte", bot die Frau ihm das Du an.
    
    „Also Sabine", lächelte Rolf sie an und die beiden sahen sich für einen fast endlos wirkenden Moment in die Augen. Der Sekt kribbelte in Sabines Bauch, während sie Rolf genauer beobachtete. Er sah wirklich gut aus. Die Frau schluckte leicht, denn auf einmal wurde ihr ganz heiß. Ihre Wangen wurden rot und sie drehte etwas beschämt den Kopf weg.
    
    Sie sah sich in ihrer eigenen Wohnung um, während Rolf begann, ihr von seinem Leben als Student zu erzählen. Sie hörte ihm nur halb zu, denn irgendwie verstörte sie seine Nähe jetzt auf einmal. Erst jetzt bemerkte sie, wie unordentlich es doch ...
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