1. Weeslower Chroniken Teil 1 - Nadine - 1997


    Datum: 24.03.2018, Kategorien: Kunst,

    ... einigen Gesprächsstoff und für Kichern hinter vorgehaltener Hand.
    
    Nadine jedenfalls hatte dabei, wenn sie mit den anderen darüber tuschelte, ein sehr konkretes Bild vor Augen.
    
    Beim nächsten Besuch fand sie ein weiteres Foto, das nun offen auf seinem Nachtschrank lag, von einer dritten und ebenso jungen, hübschen Frau, mit der Michael Schneider Arm in Arm an einem Nacktstrand posierte, und auch dort sah er genauso aus wie immer, es konnte also nicht alt sein.
    
    Geschmack hat er ja, dachte sie bitter. Sie schaute an sich selbst herab. Sie war zwar auch sehr schlank - aber, wie sie fand, eher zu schlank. Viel zu wenig fraulich, fand sie selbst. Und ja, hübsch war sie wohl auch, das behaupteten eigentlich alle. Aber verdammt, sie war gegenüber diesen anderen Traumweibern doch noch ein Kind...
    
    Aber das wollte sie nun nicht mehr länger sein. Fortan änderte sie ihr Outfit beinahe schlagartig. Sie kam zu den Unterrichtsstunden nun statt in Jeans immer in sehr kurzen Röcken oder Kleidern oder auch engen, gerade in Mode gekommenen Leggings, ihre langen schlanken Beine betonend. Und unter engen Pullovern und Shirts betonten Push Up - BHs ihre zwar relativ kleinen, aber hübsch festen, runden Brüste. Sie schminkte sich, wenn auch sehr dezent, machte sich oft aufwendig die Haare zurecht und trug hohe Stiefel mit Absätzen. Sie verwandelte sich zusehends in wenigen Wochen vom unscheinbaren Mädchen zur interessanten Frau, was zunächst allerdings mehr ihrer Mutter und den anderen ...
    ... Schülern auffiel.
    
    Nach und nach schien es ihr jedoch, als ob sich zunächst die Blicke, dann auch das Verhalten Michaels ihr gegenüber veränderten. Da lag etwas in der Luft, wenn er ihr näher kam, sie mitunter leicht am Arm berührte, sie auch nur anschaute und dabei, etwas zu lange, versonnene Pausen in seinen Reden machte.
    
    Und so kam es, dass sie ihm am Tag vor seinem Abschied, da sie wusste, dass er wegging, ihre Liebe gestand. Und wie sie es erwartet haben musste, nahm er das verständnisvoll auf, behutsam, fürsorglich, nahm sich etwas mehr Zeit nur für sie, setzte sich mit ihr allein in einen Nebenraum der Kirche, sprach mit ihr, aber natürlich, erklärte ihr auch, dass das unmöglich sei, dass es dabei soviel Hindernisse gäbe, sie so jung noch sei und so weiter, sie hatte am Ende gar nicht mehr zugehört, sondern war weinend aus der Kirche gelaufen, beschämt, verletzt und sich über sich selbst ärgernd.
    
    Und dann diese Umarmung vor dem Haus am Tag danach...
    
    Nadine hatte ihm monatelang nachgetrauert. Doch natürlich war ihre äußere Verwandlung des allmählichen Erwachsenwerdens auch bei anderen nicht unentdeckt geblieben - ihre Freundinnen wetteiferten nun mit ihr in diesem Sommer um die kürzesten Röcke, die knappsten Hot Pants -, und so stellten sich mehr und mehr andere männliche Bewerber ein. Als sie schließlich mit Michael, ihrem ersten richtigen Freund, nur drei, nicht zwanzig Jahre älter als sie, zusammenkam, konnte sie auch endlich erfolgreich über Schneider hinweg ...
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