1. Weeslower Chroniken Teil 1 - Nadine - 1997


    Datum: 24.03.2018, Kategorien: Kunst,

    ... Gerade fuhren vier Kajaks in den kleinen Kanal ein. Nadine stellte sich an das Brückengeländer und schaute den Booten zu, wie sie fast lautlos, nur durch leise, kurze, schnelle Stöße von den blieb vier Paddlern, zwei älteren Pärchen, vorantrieben. Sie winkte, die Paddler winkten zurück. Vor allem die Blicke der beiden Männer verharrten etwas länger auf ihr, dem schlanken, dunkelhaarigen Mädchen in den knappen Shorts.
    
    Auf der anderen Seite weitete sich wieder das Land, die Seen traten zurück, und nach fünf weiteren Minuten Gehzeit auf einem Plattenweg kam mitten in einer Gabelung, halb verdeckt durch eine hohe Fliederbuschhecke, das Dach eines querstehenden Gebäudes in Sicht, auf das sie direkt zulief. Das musste es der Beschreibung nach sein. Als sie an die Pforte gelangte, erblickte sie hinter Rhodendondren und weiteren Fliederbüschen ein altes, recht langgezogenes Backsteinhaus. Es mochte an die hundert Jahre alt sein und war hübsch restauriert. Zwischen den Büschen und dem Haus lag ein wunderschöner, gepflegter Bauerngarten. An der Pforte stand ein Schild aus Holz: "Bed & Breakfast Altes Forsthaus".
    
    Nanu, hier sollte er wohnen? In einer Pension? Davon hatte er nichts erzählt. Nadine trat durch die offene Pforte hindurch, ging zur Eingangstür und spähte durch die einzige Klarglasscheibe darin. Prompt hörte sie eine Frauenstimme von drinnen, dann Schritte. Die Tür öffnete sich, eine kleine, etwas füllige alte Dame blinzelte sie aus freundlichen Augen ...
    ... an.
    
    "Hallo, schönes Kind! Ich habe leider kein Zimmer für Dich frei."
    
    "Guten Tag. Ich suche Michael Schneider, wohnt der hier?"
    
    "Ach so, zu Michael möchtest Du." Einen kurzen Blick an Nadine herabwerfend fuhr sie fort: "Hätte ich mir ja denken können. - Da bist Du hier falsch. Aber immerhin fast richtig." Die alte Dame erklärte ihr, dass sie um das Haus herumgehen müsse, am besten gleich quer über das Grundstück hinüber, dort sehe sie ein Haus mit einer großen Scheune daran und mit einem Gerüst an der einen Seite. Dort wohne er. Ja, er sei auch da, ganz sicher.
    
    Nadine bedankte sich brav und verabschiedete sich von der alten Dame. Als sie um die Ecke bog, erblickte sie Michaels Haus hinter dem Garten, getrennt durch eine weitere Hecke.
    
    Nun spürte sie doch reichlich Aufregung. Wie er wohl reagieren würde auf ihr plötzliches Erscheinen? Und wie es wohl werden wird, ihn wiederzusehen, nach einem Jahr?
    
    Sie ging zwischen Liegestühlen, einer Schaukel, einer kleinen Plastikrutsche und einem Holzpavillon weiter nach hinten, wo eine, wie sie vermutete, Blockhaussauna mit einer Außendusche stand. Daneben lag ein ebenerdiger Pool mit leuchtend klaren, bläulich spiegelndem Wasser, etwa 12 Meter lang, wohl gerade erst fertig gestellt - und erstaunlich luxuriös für so eine anscheinend doch recht einfache Pension, fand Nadine. Seltsam fand sie auch, dass keine Gäste zu sehen waren, auch kein einziges Auto vor dem Haus gestanden hatte. Dann schritt das Mädchen durch eine offene, halb ...
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