1. Weeslower Chroniken Teil 1 - Nadine - 1997


    Datum: 24.03.2018, Kategorien: Kunst,

    ... sich ein Handy besorgt, mit dem er es nun immer von Festenwalde aus probieren könne - denn sein Häuschen lag in einem Funkloch. Das sei zwar verheerend teuer, aber für´s erste die einzige Möglichkeit. Er gab Fraziska die Nummer.
    
    Vier Wochen ohne Telefon? Das war ja wie auf einer einsamen Insel, sagte sie sich grinsend.
    
    Alles ging gut. Sie "handelte" schließlich sogar vier Wochen raus. Und Schneider schien sich wirklich total darauf zu freuen, dass sie ihm solange Gesellschaft - immerhin ja wohl die einzige - leisten werde. Nur eines hatten sie nicht bedacht; Nadines Mutter behielt es sich natürlich vor, ihre Tochter selbst hinzubringen. Zudem war es mit dem Auto von Tür zu Tür deutlich schneller als mit Bus und Bahn, wobei man fünfmal umsteigen musste. Doch Michael beruhigte das Mädchen. Wenn es wirklich dazu käme, dann würde er dafür sorgen, dass es wie ein echt wirkte - in der Scheune sei dann schon mindestens ein Zimmer fertig, das wäre dann Nadines - und er täte so, als sei sie eben die erste und alle anderen kämen am nächsten Tag. Halbwegs beruhigt erwiderte Nadine, sie würde dennoch versuchen, ihre Großmutter dazu zu überreden, das Hinbringen zu übernehmen, die sei viel lockerer.
    
    Nadine gab sich den verschiedensten Phantasien hin, malte sich alles mögliche aus. Zwischendurch meldete sich dann wieder ihre Vernunft: Und was, wenn er gar nicht... Vielleicht erinnerte er sich nicht mal mehr an die Umarmung von damals? An das Liebesgeständnis? Und ist einfach nur ...
    ... froh, dass überhaupt jemand... Vielleicht hofft er ja auch nur, dass sie als eine Art Goldmarie sein Haus sauber hält? Egal, befand sie dann, immerhin ist es eine Abwechslung. Ich werde das Beste daraus machen.
    
    So vergingen die Tage, bestimmt von Vorfreude und gelegentlichen Zweifeln, begleitet von schlechtem Wetter. Es war kalt und regnerisch. Dabei hatte sich Nadine die Tage in Weeslow immer als ungetrübtes Sommermärchen vorgestellt. Doch ihre Mutter ebenso wie Michael Schneider beruhigten sie, das werde schon noch. Nur eine gepflegte Vorbräune zu bekommen, das war schwierig. Daher machte sich Nadine zum ersten Mal in ihrem Leben ein paarmal auf in ein Solarium.
    
    Wie würde das wohl laufen, da draußen beim Nackt-Fan Schneider, in der einsamen Landschaft mit stiller Bademöglichkeit? Dass sie gut ohne Oberteil dort sein könne, hatte er ja schon erwähnt, und sie hatte ihm nicht widersprochen. Das Bikinioberteil wollte sie gar nicht erst mitnehmen, was auf Gran Canaria ging, würde dort auch gehen. Und er? Ob er dort wohl nackt bade, wenn sie an den Strand gingen? Vermutlich, jedenfalls klang seine Andeutung danach. Und sie selbst? Dann auch, das nahm sie sich vor. Sie machte sich Mut: Was war schon dran an so ein bisschen Nacktheit, FKK machten doch so viele, daran würde sie in Weeslow bestimmt schnell wieder gewöhnen, auch mit so einem Traummann an der Seite. Was für eine reizvolle Vorstellung! Mitunter stellte sie sich vor, die beiden würden wie im Paradies die ganze Zeit ...
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