Scheißtag I
Datum: 05.07.2020,
Kategorien:
Medien,
... Sim-Card sowie der ganze andere Techniksalat, der normalerweise in dem cool designten Gehäuse steckte, landeten unsaft auf dem Bürgersteig. Na toll! Immer diese Schnäppchenangebote! Jetzt konnte sie sich auch noch ein neues Handy kaufen! Hoffentlich war die Sim-Card nicht kaputt, sonst konnte sie auch noch ihren Bekannten wegen der Telefonnummern hinterdreinlaufen.
Sie hob die Sim-Card wieder auf und blickte sich um. Also irgendetwas ging vor sich! Überall wurde gehupt, geflucht und gelärmt. Auf der Straße staute sich der Verkehr, was war das auf einmal für ein Chaos?
"Passiert das bei euch auch?" Was hatte Susi damit gemeint?
Ein paar Meter entfernt stand ein Ehepaar um einen Kinderwagen, von dem sich ein Rad gelöst hatte. Ein Fahrradfahrer wäre beinahe unsanft gestürzt, weil der Lenker abbrach. Anscheinend habe nicht nur ich heute einen Scheißtag, dachte Carmen bei sich. Achselzuckend betrat sie das Schuhgeschäft.
Auch hier herrschte Aufruhr. Mehrere Regale waren auseinandergefallen, überall lagen Schuhe herum. Eine Verkäuferin und mehrere Kundinnen standen ratlos in dem Chaos. Der Schuhständer neben Carmen fiel in sich zusammen, von der Decke bröckelte der Putz. Sie hatte noch kein Erdbeben erlebt, aber sie konnte auch mit Sicherheit ausschließen, daß es sich um eines handelte. Es schien vielmehr, als ob alles, was gewöhnlich miteinander verbunden war, plötzlich den Entschluß gefasst hätte, sich zu lösen. Der Verkäuferin brachen die Absätze an den edlen ...
... Stilettos ab, so daß sie sich unfreiwilligermaßen auf den Hintern setzte. Inzwischen war kein Möbelstück mehr intakt und das gesamte Gebäude machte einen eher wackeligen Eindruck, so daß Carmen sich entschied, doch besser wieder die Straße aufzusuchen.
Dort blieb ihr der Mund offen stehen! Es herrschte nun endgültig heilloses Durcheinander - überall hasteten die Leute von rechts nach links, von Autos und Motorrädern waren nur noch Trümmerhäufen übrig. Daß sich Carmens Handtascheninhalt auf die Straße ergoss, bemerkte sie nur am Rande. Eine Blondine neben ihr meinte: "Ist das ein Terroranschlag oder so?" - "Ich hab keine Ahnung, wir sollten wohl besser hier verschwinden, oder?" antwortete Carmen. Als sie sich in Bewegung sezte, wäre sie beinahe gestürzt, da sich auch von ihren Stiefeln die Sohlen gelöst hatten. "Shit!" Die Teile hatten ein Vermögen gekostet! Der Blondine schien es nicht besser zu ergehen, auch sie hatte nur noch ein paar Lederlappen an den Beinen, von denen sich der Reißverschluß ablöste. Ihr grauer Kurzmantel sah inzwischen auch ziemlich schäbig aus. Das durfte einfach nicht wahr sein!
Carmen blickte an sich hinab. An ihrer Lederjacke platzten die Nähte auf, der linke Ärmel verabschiedete sich. Das gelbe Shirt, das sie darunter trug sah fransig und fadenscheinig aus. Es war so grotesk wie faszinierend. Ein Mann in einem zerfetzten Anzug hastete vorbei, dort hinten hielt einer krampfhaft die Reste seiner Hose fest. Die Blondine kniete inzwischen am Boden und ...