Karibische Träume in der Vorstadt
Datum: 30.06.2020,
Kategorien:
Erotische Verbindungen
... ... bürgerlich. Sehr an den üblichen Vorstellungen orientiert, was man tut und was nicht."
„Ja, das kenne ich." Sie lässt sich auf dem Stuhl nach hinten rutschen, streckt die Beine aus. Streift dabei meine Beine, guckt leicht verlegen und dreht sich leicht zur Seite, um die Berührung zu vermeiden. „Mama wollte immer, dass ich rausgehe und Sachen machen. Je mehr, desto besser. ‚Mich ausprobieren', nannte sie das. Wenn Mama nicht gewesen wäre, hätte ich in keinen Club gehen dürfen, bevor ich achtzehn war. Papa hat immer Angst um sein Töchterchen. Ist irgendwie süß von ihm, aber auch total ätzend."
„Und, hast du ‚dich ausprobiert'?"
„Hm, ich bin nicht wie Mama. Auch nicht wie Papa, mehr sowas dazwischen ... ach, egal. Jedenfalls will ich keine sensationellen Sachen machen. Ich treff gern meine Freundinnen, geh gern shoppen, in die Sauna, zum Wellness... so Sachen halt."
Sie blickt sinnierend vor sich hin. „Was war das mit Mamas Traum?"
„Sie hat davon geträumt, hier rauszukommen. Weg von der gutsituierten Neubauwüste hier, hat sie es genannt. Sie wollte Sonne, Strand, luftige Kleider, entspannte Menschen, die tanzen und lachen und alles andere nicht so wichtig nehmen."
„Klingt nach Mama, ja."
„Sie hat immer von Kuba geträumt. Von einem armen, aber guten und freien Leben. Dabei war Kuba damals schon ganz schön runtergekommen. Nach dem Ende der Sowjetunion haben die Russen ihre Karibikinsel im Stich gelassen, und damit ging es dort bergab."
Ela ist jetzt ...
... ganz Ohr. Ich merke, wie es mich zu ihr hinzieht. Wenn ich mich so an die alten Geschichten mit Sybille erinnere, und dann in diese unglaublich junge, schlanke Frau vor mir sehe, die Sybille so ähnlich scheint, dann kommt mir schon einiges durcheinander. Peter. du bist nicht mehr zwanzig, ermahne ich mich. Na und, genau darum darfst du deinen Erinnerungen nachhängen und dir ein paar Fantasien erlauben, antworte ich mir. Tut ja keinem weh.
„Wann genau ist sie verschwunden?", frage ich.
„Sechsundzwanzigster Juni. Letztes Jahr", kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
„Ich habe letzten Dezember eine Weihnachtspostkarte von ihr bekommen, wie immer."
„Was?" Ela ist wie elektrisiert, beugt sich über den Tisch. Ihr Gesicht mit den blassen Haaren ist so nah vor mir, dass ich unwillkürlich an Dünen denken muss, an Sand und blasse Gräser darin. Gott, sie ist wirklich ein schönes Mädchen.
„Eine Postkarte aus Havanna. Sie schrieb was von: es ist alles genau, wie ich es mir immer vorgestellt habe, nur noch viel schöner."
Ela sackt wieder in sich zusammen. Ich spüre das dringende Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen und zu trösten.
„Na, schön zu hören, dass es Mama gut geht und bei ihr alles toll ist. Echt jetzt, sie hätte uns ja auch mal schreiben können. Wenigstens mir." Ela sieht blickt mit einem rätselhaften Gesichtsausdruck an. „Du bist der einzige Mensch, bei dem sie sich gemeldet hat, seit sie weg ist. Wenigstens, soweit wir wissen."
Das überrascht mich ...