Die Entsendung Teil 05
Datum: 05.06.2020,
Kategorien:
Transen
... um etwaige nicht ganz unerwartete Fragen auf mangelndes Deutschverständnis zu schieben. Ein Zwitter würde garantiert einige Fragen auslösen, die nicht ganz so einfach zu beantworten waren. Ich konnte ja nicht die Wahrheit erzählen.
Blutdruckmessungen und die üblichen Blut- und Urinproben wurden schnell durch die Krankenschwestern erledigt. Als ‚weibliche Patientin' wurde ich zur Krebsvorsorge natürlich zum Gynäkologen geschickt, was ich erwartet hatte. Welche Fragen mich dort erwarteten, war mir weniger klar. Halb hoffte ich, dass bereits der erste Blick von dem Gynäkologen mich als Hermaphroditen einordnen würde. Dann würde ich frohen Mutes die Untersuchung einfach abbrechen und mich dankbar aus der Praxis entfernen. Nur hatte ich ja eben Zweifel an dieser Diagnose...
„Unten rum bitte frei machen, Frau Doktor kommt gleich! Sie haben Glück gehabt, überhaupt noch einen Termin zu bekommen, nur weil..."
So lautete die barsche Anweisung der gestressten Schwester in ihrem Kittel, als sie auf den gynäkologischen Untersuchungsstuhl deutete. Sie schien es nicht zu schätzen, dass ich offensichtlich als Privatpatient noch als Termin reingequetscht wurde. Das fing ja gut an.
Die Ärztin war anfangs nicht viel besser drauf und ihr Ton klang nach reiner Routine:
„Frau Clause, nicht wahr? Spreche ich das richtig aus? Sie kennen das alles sicher schon gut. Und auch den üblichen Verlauf bestimmt, nehme ich an?"
Ich betonte meinen Akzent noch etwas mehr, um meine Unkenntnis ...
... zu kaschieren, als sie mich mit Fingern abtastete und mit ihren Augen examinierte:
„Also, ich bin erst vor einigen Tagen hier aus den USA angekommen. Den üblichen Ablauf in Deutschland kenne ich also nicht."
„Das ist sicherlich nicht wesentlich anders als in den USA, Frau Clause. Ihre äußerlichen Genitalien weisen eine gewisse Ausprägung einer Hypertrophie der Klitoris aus, sind aber durchaus im normalen Bereich, wie Sie sicherlich schon mehrmals gehört haben."
Ihr Tonfall war immer noch von einer gelangweilten Routine geprägt, während meine Hoffnungen sich langsam verflüchtigten. Ich konnte nur schwach nicken.
„Sie kennen die üblichen Routinefragen sicherlich gut, wenn auch in Englisch, nehme ich an. Also, wann hatten Sie Ihre letzte Regel - as in last menstruation - und wie lange - how long lasted it - dauerte sie? Alles regelmäßig or regular?"
Na, prima. Da nahm sie mir auch die Entschuldigung des sprachlichen Unverständnisses. Was zum Teufel sollte ich da antworten?
„Also, der sehr lange Flug hat Unregelmäßigkeiten gebracht, Frau Doktor -- und die ganze Aufregung ..."
„Okay, das ist nicht so ungewöhnlich. Sie werden doch aber wissen, ob die letzte Menstruation wesentlich mehr als vier Wochen her ist? Oder ob Sie schon häufiger ein Aussetzen der Periode hatten?"
Die Wahrheit war natürlich, dass es noch nie eine Regelblutung oder ein Aussetzen derselben für mich gegeben hatte, weil ich ja eigentlich Daniel Klose war, der erst seit zwei Tagen in diesem ...