1. Don't mess with Jenny


    Datum: 21.02.2020, Kategorien: Erotische Verbindungen

    ... Brüste herausquollen oder ihren nach Art Polynesiens bis zu den Fingergliedern tätowierten Arm mit einem Rosenkranz schmückte. Sie machte keinen Hehl aus ihrer mangelnden Schulbildung oder aus der Art, wie sie in der Welt herumgekommen war. Ein Highlight ihrer Speisekarte war die Glasnudelsuppe mit Ente, die sie selbstironisch ‚Phnom Penh' getauft hatte.
    
    „Was darf es heute sein? Essen, Vögeln oder Frischmachen?"
    
    „Genau in der Reihenfolge bitte."
    
    „Kommt sofort."
    
    So kannte ich Jenny. Schon machte sie sich emsig daran, mir ein Essen zu machen, rief der neuen Küchenhilfe ein paar Sätze zu, die ich nicht verstand, korrigierte sich mehrfach, wurde aber wohl verstanden, denn das Mädchen nickte und wuselte sofort wieder durch die Spülküche.
    
    „Na, verlernst du langsam dein Punjabi? Wird Zeit, dass du wieder in die Heimat kommst."
    
    Jenny hatte den Satz geprägt, ihre Heimat sei die Reise.
    
    „Das war kein Punjab, sondern Kantonesisch."
    
    „Im Ernst? Wer ist die Kleine?" fragte ich unschuldig mit Blick in die Spülküche, von wo die junge Chinesin scheu herüberschaute. Als sie merkte, dass von ihr die Rede zu sein schien, verzog sie das Gesicht und zeigte ihr lückenhaftes Lächeln.
    
    „Vergiss es, die Kleine kannst du nicht haben."
    
    „Kein Interesse, solange ich dich weiter haben kann."
    
    „Erst wird gegessen. Soweit ich sie verstanden habe, heißt sie Xi Doa-Lei und ist von Unbekannten nach Deutschland gebracht worden. Hier wusste niemand von ihrer Ankunft, und sie war ...
    ... gestrandet. Damit sie Hilfen vom Amt bekommt, braucht sie eine Wohnanschrift."
    
    „Sie wohnt in deinem Imbiss?"
    
    „Nein, ich helfe ihr mit den Formularen. Sie arbeitet ein bisschen in der Küche und bekommt ein Taschengeld, damit sie selbständiger wird."
    
    So kannte ich Jenny. Immer eine offene Türe für Gestrandete. Das Essen war wie immer sehr gut, wie immer wusste ich nicht, was sie mir da servierte und wie immer folgte der Kampf um den Preis.
    
    „So, macht 5,40. Weil wir Freunde sind, zahlst du sechs Euro."
    
    „Ich zahle in Naturalien."
    
    „Das behauptest du jedes Mal. Aber dann bleibst du die Hälfte von der Rechnung schuldig. Wenn du so weitermachst, gehörst du mir in ein paar Jahren ganz, mein Lieber."
    
    „Nix da, mit mein Lieber ist es aus."
    
    „Ist nicht wahr. Wen hat es denn erwischt?"
    
    „Weiß noch nicht, sind noch zwei im Rennen."
    
    „Alter Schwerenöter. Lass sie nicht leiden!"
    
    Ich ging an ihr vorbei in den Aufenthaltsraum, wo tatsächlich noch eine Zahnbürste stand. Den Raum als unschön zu bezeichnen, trifft es nicht ganz. Zwar sind die Wände nur verputzt und weiß übergestrichen, der Boden kahler Estrich und die Installationen wenig mehr als Rohbau, aber mit ihrem weiblichen Touch und ein wenig orientalischer Deko hatte Jenny ihn nach ihren Vorstellung erträglicher gestaltet. Neben der antiquarischen Küchenzeile und dem windschiefen Schrank gibt es einen hüfthohen Tisch mit einer Eckbank, die sich über die Jahre unfreiwillig von ihren Polstern verabschiedet hatte. ...
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