1. Der Klempner


    Datum: 05.02.2020, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... aus ihr herausgeschossen, das Wissen um die Straflosigkeit ihres Tuns würde sie beflügeln, und der Cherub, der sich jetzt so hartherzig gibt, würde dabei stehen und sie vielleicht sogar anfeuern. Ach, warum erlaubt er ihr das jetzt nicht? Nur weil sie wieder auf der Erde ist? Oder hat sie ihm das Schwert nicht gut genug geputzt?
    
    »Du, Aria,« tauchte Dion aus dem Nichts neben ihr auf, »der Installateur ist gerade gekommen, um den Boiler zu reparieren. Es macht dir doch nichts aus, wenn er hier mal vorbei muß, oder?«
    
    »Natürlich nicht, Dion. Binde mich bitte los, damit ich mich anziehen kann. Dann kann er reinkommen.«
    
    »Das dauert zu lange, Aria. Du weißt, wie kompliziert die Knoten sind, und wenn ich ihn solange draußen warten lasse, dann ist er sofort wieder weg. Dann kann ich nochmals vier Wochen warten, du weißt ja, wie schwer Handwerker heutzutage zu bekommen sind und ...«
    
    »Aber, Dion! Du kannst mich doch nicht so nackt und gefesselt hier lassen, das ...«
    
    »Keine Angst, Aria! Ich decke dich mit diesem Papier hier zu, es werden nur deine Füße und dein Kopf zu sehen sein. Siehst du? Er wird denken, du wärst ein Model, und außerdem ist mir sowieso lieber, wenn einer von uns beiden hier im Studio bleibt. Hier liegen die wertvollen Kameras und alles, da kannst du ein Auge drauf werfen. Ich habe vorne im Laden zu tun und wenn dir etwas nicht geheuer vorkommt, ruf mich einfach. Also, Aria, ich verlasse mich auf dich!«
    
    Aria machte den Mund auf, um ihm zu ...
    ... widersprechen, aber er war schon weg. Als er mit dem Mann hereinkam, wäre Aria am liebsten unter dem Papier ganz verschwunden. Da dies leider nicht möglich war, schloß sie nur ihre Augen und stellte sich tot.
    
    »Hier,« hörte sie Dion sagen, »kommen Sie hier vorbei! Der Boiler ist nebenan.«
    
    Sie verschwanden im Bad, ihre Stimmen kamen undeutlich und dumpf zu ihr. Dann waren sie wieder da, sie gingen beide an ihr vorbei nach vorne, doch einer kehrte gleich zurück.
    
    »Aria! Was soll das? Paßt du so auf die Sachen auf?«
    
    »Oh, entschuldige bitte, Dion!« Aria machte die Augen auf, »Aber ich schäme mich so. Ist er schon wieder weg?«
    
    »Nein, er holt nur sein Werkzeug aus dem Wagen. Er wird dich schon nicht fressen, Aria. Außerdem bin ich ja in Rufweite.«
    
    »Ach, Dion, ich fürchte das reicht nicht. Könntest du nicht doch hier bleiben? Ich meine, nur solange er da ist, weil ...«
    
    »Wie stellst du dir das vor, Aria?« Dion kniete sich hin und strich ihr liebevoll über die Haare, »Versteh' doch, Aria, es ist Montag, da bringen die Leute ihre Aufnahmen vom Wochenende. Da kann ich nicht einfach den Laden zumachen, nur um dein Händchen zu halten. Wovor hast du denn Angst, er wird im Bad sein und ... ah, ich glaube, da kommt er schon. Also, Aria, Kopf hoch und Augen auf!«
    
    Dion verschwand und herein kam ein schlaksiger junger Mann, der gar nicht Arias Vorstellung eines Klempners entsprach. Seine langen, strohblonden, ein wenig ins Gesicht fallenden Haare und die mit einem dünnen Rand ...
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