1. Das Recht der Sieger


    Datum: 26.11.2017, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... mehr als 80% der Boote nicht mehr zurückgekehrt. Die Überlebenschance der Besatzungen ist praktisch Null gewesen."
    
    "Wir waren mehrere Male in der Bretagne, haben auch an der Küste gewohnt und die Bunker haben wir uns auch angeschaut", unterbreche ich die Erzählung. "Aber wie Sie da mitten im Krieg ausgelassen gefeiert haben, das finde ich ungewöhnlich!"
    
    "Manchmal ist es mir auch unwirklich vorgekommen. Die jungen, tapferen Offiziere, offensichtlich dem Tod geweiht, haben so einen Lebenshunger gehabt. Es hat auch an nichts gefehlt, der Champagner ist in Strömen geflossen, erlesene Weine, alter Cognac, kulinarische Spezialitäten wie Gänseleber, Trüffeln, Fasane, Wachteln und so weiter. Es ist alles dagewesen. Die Wehrmacht hat ja überall einfach beschlagnahmt, was sie für ihre Helden gebraucht hat.
    
    Und die verwegenen ordenbehängten Draufgänger in ihren dunkelblauen Uniformen haben es natürlich auch genossen, wenn sie von jungen schönen Frauen bewundert worden sind. Und ich bin damals sehr jung gewesen und auch attraktiv, wie man mir immer wieder bestätigt hat.
    
    An eine Feier im April 1941 kann ich mich besonders gut erinnern.
    
    Das Diner ist soeben beendet, die Herren machen es sich in den Fauteuils um den Kamin bei Zigarren und Cognac bequem. Ein gewaltiges Feuer lodert. Die Marinemusik spielt zum Tanz. Die Stimmung wird immer ausgelassener.
    
    Ein Kapitänleutnant, stets hinter hübschen Frauen her, fordert uns auf, doch einen Cancan zu tanzen. Die jungen ...
    ... Serviermädchen lassen sich nicht lange bitten und legen in ihren schwarzweißen Uniformen mit den langen Röcken und hohen Schuhen eine perfekte Vorstellung aufs Parkett. Der eine oder andere U-Bootfahrer versucht, einen Blick unter den Rock eines Mädchens zu erhaschen, aber trotz der hohen Beinstellungen verbergen die Rüschen der Unterröcke fast alles.
    
    'So wird das nichts, die Mädels haben viel zu viel an!', beschwert sich ein blutjunger Leutnant. 'Los, zieht Euch doch einfach aus. Wir sind doch hier unter uns!"
    
    Den bretonischen Bauernmädchen ist das peinlich, aber sie wissen nicht wie sie den Offizieren den Wunsch abschlagen sollen, ohne ihre Stellung und damit eine gewisse Sicherheit in unruhigen Zeiten zu riskieren. Schließlich ist das Wort der Besatzungsmacht Gesetz im besetzten Land. Zum Recht der Sieger gehört leider meist auch kaum eingeschränkte Macht über die Besiegten. Nicht daß nicht einige der Mädchen auch kleine Affären mit feschen Offizieren gehabt hätten, aber sich so öffentlich vor allen nackt zeigen, das wollen sie nicht auch wieder nicht.
    
    Ich habe damals die Situation gerettet und angeboten, daß meine zwei Freundinnen aus Paris und ich uns für die Deutschen ausziehen würden, wenn sie die anderen Mädchen nach Hause gehen ließen. Unter großem Beifall haben die Gäste das akzeptiert. Die Musikkapelle hat mehrmals einen Tusch gespielt, das Licht ist bis auf eine einzige helle Lampe in einer Nische des Salons ausgegangen. Ein Dutzend Marineoffiziere im Halbkreis vor ...