1. Transsib (1-3)


    Datum: 27.12.2019, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... letztes Mal den blanken Arsch eines Weibs erblickt oder gar berührt hätten. Übrigens hätte ich wohl bemerkt, dass sich in der Zelle eine vierte, noch leere Pritsche finde. Ich erstarre. Der Leutnant flüstert mir zu, es gäbe nun zwei Möglichkeiten. Entweder legte ich jetzt unverzüglich, jedenfalls innert der nächsten 90 Sekunden meine sämtlichen Kleider ab oder andernfalls sperre er mich in den Vorraum zwischen der Holztür und den Gitterstäben, für die Gefangenen gut sichtbar, aber, wenn ich mich den Gittern nicht nähere, nicht greifbar. Dann hätte ich fünf Minuten Zeit ... bis er mich wieder holen komme.
    
    Ich denke, ich bin im falschen Film. Glaubt der etwa, ich lege einen Striptease hin, bloß um meinen Reisepass, welchen ich bis zur Ankunft in Irkutsk ohnehin nicht be-nötige, vorzeitig zurück zu bekommen? Also Schluss mit dem Spiel, abbrechen und zurück ins Zugsabteil! Allerdings nähme es mich schon sehr Wunder, wie die Sache weiterginge. Auch schätze ich den Leutnant als ehrlich ein und glaube ihm, dass ich jederzeit die ganze Sache abbrechen kann, wenn es mir zu viel wird. Und wir sind fern der Heimat, niemand wird erfahren, wie weit ich mich freiwillig einem ...
    ... idiotisch begründeten Druck hingebe, obwohl ich mich ihm entziehen könnte. Also gehe ich einen Schritt weiter. Allerdings vor den Gefangenen will ich mich nicht entkleiden. Rasch lege ich meine Kleider ab. Der Milizsoldat hält mir eine große Papiertüte hin, in welche ich meine Kleider und auch meinen Geldbeutel, meine Armbanduhr und meine Halskette legen muss. Während ich mich noch mehr oder weniger mechanisch entkleidet habe, merke ich jetzt mit vollem Bewusstsein, dass ich völlig nackt, ohne auch nur einen persönlichen Gegenstand auf mir, und damit völlig hilflos vor den drei Milizionären stehe und mich diesen völlig ausgeliefert habe. Mir wird wieder flau im Magen, doch spüre ich einige Zentimeter tiefer auch ein leicht erregendes Ziehen.
    
    Der Leutnant weist mich grinsend darauf hin, dass ich mir mit Überlegen und Entkleiden volle 94 Sekunden Zeit gelassen habe, also vier Sekunden zu viel. Was das bedeute, fragt er mich. Ich stottere, dass ich jetzt wohl die nächsten fünf Minuten im Vorraum der Gefangenenzelle verbringen werde. Nein, antwortet der Leutnant, dass ich jetzt die Gnade walten lasse, auf welche du nicht zu hoffen wagen darfst.
    
    (Fortsetzung folgt) 
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