1. Elternabend


    Datum: 23.11.2017, Kategorien: Medien,

    Ich war aufgeregt wie ein kleines Mädchen an seinem ersten Schultag.
    
    Ein kleines Mädchen war ich mit meinen 26 Jahren nicht mehr, aber so etwas wie der erste Schultag war es schon. Genauer gesagt, war es mein erster Elternabend als Referendarin an meiner neuen Schule. Unser Direktor hatte mich heute Vormittag zu sich in sein Büro rufen lassen. Er erklärte mir, dass schon wieder eine unserer minderjährigen Schülerinnen ungewollt schwanger geworden ist. Das kann so nicht weitergehen, da müssen wir unbedingt etwas tun, erklärte er mir. Er hätte mit dem Schulamt und dem Gesundheitsamt Kontakt aufgenommen. Gemeinsam hätte man ein Konzept ausgearbeitet, das heute Abend den Elternvertretern in einem außerordentlichen Elternabend vorgestellt werden soll. Er wünscht, dass ich zusammen mit meinen Kollegen, die Ethik und Biologie unterrichten, an dieser Veranstaltung teilnehme.
    
    Nun sitze ich also hier mit meinen Kollegen und dem Rektor vor ca. 25 Elternvertretern aus den unterschiedlichsten Schulklassen.
    
    Unser Direktor hat das Wort ergriffen und will nun das neue Konzept vorstellen.
    
    An unserer Schule sind innerhalb weniger Wochen gleich zwei minderjährige Mädchen schwanger geworden. Das kann so nicht weitergehen wiederholte er, was er mir heute morgen schon erzählt hatte. Der Aufklärungsunterricht für unsere Schüler ist einfach zu theoretisch. Wir haben deshalb mit dem Schulamt und dem Gesundheitsamt ein Konzept ausgearbeitet, das mehr praxisbezogen ist. Bei den ...
    ... volljährigen Schülern kommen unsere Aufklärungsversuche viel zu spät, wir müssen da früher aktiv werden. Die ganze Sache ist also etwas heikel, da die Zielgruppe unter den Schülern noch minderjährig ist. Aus diesem Grunde haben wir sie, als Vertreter der Eltern eingeladen, um auch ihr Einverständnis zu diesem Schulversuch der in Deutschland bisher einmalig ist, einzuholen. Wir können natürlich nicht zulassen, dass die Kinder den Geschlechtsverkehr und einschlägige Verhütungsmethoden durch praktische Übungen während des Unterrichts erlernen. Andererseits sind wir der Auffassung, dass es mit dem Vorführen eines Pornofilms auch nicht getan ist. Deshalb freue ich mich, meine Damen und Herren, Herrn Müller vom Gesundheitsamt vorstellen zu können. In der hinteren Reihe erhob sich ein Herr, ich schätzte ihn auf Mitte Vierzig und nickte den Anwesenden freundlich zu. Herr Müller, fuhr der Direktor fort, ist speziell ausgebildet und wird unseren Kindern den Umgang mit der Sexualität durch praktische Beispiele näher bringen. Unterstützt wird er dabei von seiner Kollegin, Frau Schwab. Frau Schwab?...... Der Direktor schaut sich suchend um. Frau Schwab ist verhindert und steht für die heutige Demoveranstaltung leider nicht zur Verfügung meldete sich nun Herr Müller zu Wort.
    
    Ich verstehe nicht, wie wollen sie dann vorführen, wie so eine Aufklärungsstunde ablaufen soll? fragte unser Direktor sichtlich irritiert. Das ist überhaupt kein Problem, ich bin sicher, dass mir heute Abend eine Dame aus dem ...
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