1. Fiesling Erfindet Sich Neu


    Datum: 12.11.2019, Kategorien: Erotische Verbindungen

    ... Sozialpädagoge zwar eine, über die mein altes Umfeld nur müde grinsen würde. Aber auch mein Schulfreund war fleißig, intelligent und sogar ein bisschen ehrgeizig. Er hatte mittlerweile immer mehr mit Organisation zu tun, aber eben auch mit Menschen. Marc darf das Gefühl haben, im Großen und Ganzen Gutes zu tun. Dafür habe ich ihn insgeheim immer ein bisschen beneidet.
    
    Zum Glück stand er nie in Gefahr, in Liebesdingen von mir verraten zu werden. Dem schwulen Marc, meinem allerbesten (und einzigen) Freund, konnte ich keine Frau ausspannen.
    
    Marc wusste von meiner immer stärker werden Übellaunigkeit wegen des Jobs in der Unternehmensberatung. Er wusste von meinem Verdruss darüber, gemeinsam mit meinen ebenfalls jungen und ebenfalls nur wenig vom Leben wissenden Kollegen in Unternehmen einzureiten, die Firmen dann auf den Kopf zu stellen -- und am Ende keine Verantwortung tragen zu müssen für das, was dabei herauskam. Das für mein Alter bombige Gehalt und die regelmäßigen Boni betäubten das Gefühl des Verdrusses ein paar Jahre lang ganz gut, aber die Wirkung ließ nach.
    
    „Kannst du dir was ganz anderes vorstellen?" fragte Marc.
    
    „Immer."
    
    „Ich meine was richtig anderes, ganz im Ernst."
    
    „Aussteigen, ne Farm in Patagonien gründen, solche Sachen?"
    
    „Bleib doch mal ernst."
    
    „Dann sag' schon!"
    
    Marc schaute von seinem Bierglas auf und sagte: „Vitalis sucht wen."
    
    „Die Pflegegruppe?"
    
    „Genau."
    
    „Ich soll Altenpfleger werden oder so was?"
    
    „Warum nicht, ...
    ... aber: nein."
    
    „Sondern?"
    
    „Die suchen einen Geschäftsführer. Der Laden ist in Schwierigkeiten. Zu schnell groß geworden, falsch gewachsen oder miese Markenführung, wie ihr vielleicht sagen würdet. Was weiß ich."
    
    Ich hatte Konsumartikler beraten, Maschinenbauer, IT-Dienstleister -- überall sind meine Kollegen und ich hin und haben denen erklärt, was sie besser machen müssen. Manchmal sogar, ohne dafür Leute feuern zu müssen. Aber eine Pflegegruppe?
    
    Und nicht nur für ein paar Wochen oder Monate, sondern als fester Job?
    
    Immerhin, Dienstsitz wäre Hamburg, ich müsste nicht mal umziehen.
    
    „Hätte ich überhaupt die richtigen Qualifikationen?
    
    „Die suchen einen wie dich."
    
    Irgendwer hatte mir mal den Ratschlag gegeben, sonderbare aber interessante Angebote spontan anzunehmen oder genau so direkt abzulehnen. Ich entschied mich für ersteres. Okay, es gab natürlich noch ein Bewerbungs- und Einstellungsprozedere, muss ja alles seine Ordnung haben, aber letztlich war es nicht allzu schwer, die Trägergesellschaft von mir zu überzeugen.
    
    Da wartete jetzt also ein Job auf mich, von dessen Kerngeschäft ich nichts verstand und der mir ein Gehalt lieferte, für das ich früher kaum aufgestanden wäre. Aber ich wollte ihn gut machen. Alles, was ich mache, wollte ich schon immer gut machen. Und wenn ich ein Arschloch sein wollte, dann gab ich mir sogar dabei Mühe.
    
    Der Job sollte zum 1. Juni beginnen, aber ich war schon eine Weile früher raus aus meiner alten Stelle, hatte einen ...
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