Der Tod der Phantasie
Datum: 10.11.2017,
Kategorien:
Schwule
Ein 18-jähriger Junge, bisher ein schüchterner Aussenseiter, der seine geheimen Phantasien noch nicht ausleben konnte, verbringt ein Wochenende alleine auf der Yacht seiner Eltern. Gefühle der Einsamkeit kommen aber gar nicht erst auf - schließlich ist da noch der kerlige Mann vom Nachbarboot, der dem Kleinen andere als väterliche Regungen entgegenbringt. Ein etwas knappes Storydebut, vielleicht gibt's ja mal ne ausführlichere Fortsetzung...
"Rolf, sag` mal, warum haben WIR eigentlich noch nicht...?" Ich werfe einen kurzen Blick auf den Burschen im Beifahrersitz, nur solange es mir der Verkehr auf der Autobahn erlaubt. Das Dach ist offen. Der Fahrtwind bei hundertzwanzig zaust in seinen blonden Haaren mit den niedlichen Wasserstoffperoxid-Strähnchen. Ich mag solche Haare. Der ganze Kerl ist eigentlich nicht ohne. Das Gesicht vielleicht ein wenig zu ebenmäßig, die Augen einen Touch zu blau. Wirklich niedliche, wohlgeformte Oberschenkel, die er mir auch mit lässig weit gespreizten Beinen zeigt. Die enge Jeans gibt mir da keine großen Rätsel auf. Ja, warum haben wir eigentlich noch nicht...? Zierliche Hände mit langen Fingern, die ab und zu mein Bein betatschen, vielleicht mit Absicht, vielleicht, wie man halt sein Jemanden im Gespräch fast unbewußt berührt. Jedenfalls, wenn der einem sympathisch ist.
Vor mir schert ein Lastwagen aus. Ich gehe in die Eisen, werde in den Sicherheitsgurt gepreßt. Das enthebt mich der Notwendigkeit, sofort eine Antwort zu geben, gibt mir ...
... Gelegenheit, darüber nachzudenken. "Wie lange kennen wir uns eigentlich schon?" Ich sehe Benjamin nun etwas länger an. Wir fahren langsamer, gebremst durch den Lastzug vor uns. "Ich denke fünf, sechs Jahre." Richtig, so lange ist es her, daß ich ihn in einer Schwulendisco zum ersten Mal gesehen habe. Seit dem war er oft bei mir zu Besuch, hat manche Tasse Kaffee mit mir und meinem Freund geleert. Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert. Ganz nett, der Kleine. Also, warum haben wir eigentlich noch nicht? Benni fummelt am Radio, findet schließlich einen dieser Lokalsender mit immer derselben unermüdlichen Musikdudelei. Einer ist wie der andere, Musikauswahl aus dem Computer, unterbrochen nur durch Werbeeinblendungen.
Irgendein Musikmüll tönt aus dem Lautsprecher. Irgendein Sprecher blödelt gelegentlich kurz dazwischen. Nun ja, die Qualität einer Mitteilung wird heute gern am Unterhaltungswert gemessen. Nachdenken ist in den Ruf gekommen, lästig zu sein. Der Hörer soll ruhig gestellt werden, wie die Insassen einer geschlossenen Anstalt für Verwirrte, damit er bloß nicht abschaltet, wenn die Werbung kommt. Jetzt weiß ich plötzlich, was mich daran hindert, Benni anziehend zu finden. Der Sprecher im Radio unterbricht meinen Gedankengang. "Gewalt gegen Schwule ist mega-out!" Toll, wie der seine Orientierungshilfen wie die Perlen vor die Hörer wirft! Hat wohl vergessen, daß die Art seiner Moderation, die Art seines Senders, all die Unverbindlichkeit und Seichtheit, beim Hörer ...