1. Mittwochvormittag


    Datum: 15.05.2019, Kategorien: Sehnsüchtige Hausfrauen

    7.17 Uhr. Mein Blick streift die Uhr im Flur. Das war leicht heute. Alle Kinder sind auf dem Weg zur Schule. Pünktlich! Max ist heute auch schon weg. Dienstreise, mittwochs ruft die Zentrale. Warum nimmt er immer diese ganz frühen Flieger?
    
    Hmmm, der Kaffee ist ja noch gar nicht ganz kalt. Ich lasse mich auf meinen Stuhl sinken und schaue mich in der Küche um. Irgendwie alles wie immer. Der Tisch sieht aus wie nach einer Orgie. Marmeladegläser und Nutella stehen - natürlich offen - auf dem Tisch. Irgendwer hat sein Messer in der Butter liegen lassen. Die Schüssel mit dem Müsli ist noch halbvoll. Milch und Haferflocken bilden inzwischen eine interessante Melange. Teller, Tassen, ein halber Toast. Tief durchatmen. Immerhin hat die Bande gefrühstückt. Ich versuche den letzten Schluck Kaffee zu genießen. Hm. Heiß wäre sicher auch einmal wieder nett. Aber was soll's. Auf geht's.
    
    Ich straffe die Schultern, rufe mir im Geist ein aufmunterndes "Attacke" zu - lustig irgendwie - und beginne die Küche aufzuräumen. Beim Verstauen der Butter und der Wurst für die Pausenbrote checke ich kurz unsere Vorräte im Kühlschrank. Da wird wohl noch ein Einkauf fällig heute. Aber eines nach dem anderen. Der Tisch ist klar, die Spülmaschine läuft, alles prima. Wie immer. Ich muß lächeln. Supermum hat es wieder geschafft. Wahrscheinlich drehe ich irgendwann durch. Aber nicht heute. Heute bin ich in Topform!
    
    Und Zeit zum laufen bleibt auch noch. Ich gehe hinauf ins Schlafzimmer. Nicht schwach ...
    ... werden.
    
    Lang genug geschlafen heute Nacht und gut. So zart aneinander geschmiegt waren Max und sie schon länger nicht mehr aufgewacht. Er hatte sie sanft in den Nacken geküsst und sich dann aus der Umarmung gelöst. Vom Rauschen des Wassers in der Dusche nebenan war sie wieder eingeschlafen. Als ihr Wecker sie dann weniger sanft weckte, war er schon weg.
    
    Betten aufschütteln. Ob sein Kissen noch nach ihm riecht? Oh ja. Schluss jetzt. Ich wollte laufen gehen. Nur kurz noch etwas vorbereiten. Ich öffne unseren Kleiderschrank, steige auf die kleine Trittleiter und fische von weit hinter meinen alten Pullovern die Schachtel hervor. Der Deckel ist schon ganz abgegriffen. Da ist wieder die Gänsehaut. Ich nehme das weinrote Seidentuch heraus und breite es über unser Ehebett aus. Die Schachtel lasse ich auf dem Boden stehen.
    
    Beim Zähneputzen entscheide ich, daß ich nicht dusche. Wie sinnlos wäre das auch vor meiner Runde? Ich sehe mir im Spiegel dabei zu, wie ich mein Nachthemd über die Schultern, meine Brüste, meine Hüfte, bis auf meine Füße gleiten lasse. Drei Kinder. Und trotzdem halte ich noch immer gut mit weit jüngeren Frauen mit.
    
    Der Sport-BH hält wie ein Brustpanzer und die Laufhose geht auch ohne Höschen. Ich muss beinahe kichern bei der Vorstellung, daß sich die Männer, denen ich unterwegs begegne, fragen, ob ich etwas drunter trage oder nicht. Die Naht kitzelt an meinem krausen Haar. Die anderen Haare binde ich mir zu einem langen Pferdeschwanz. Schuhe an und los. ...
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