1. Wenn die Nachtigall erwacht 03


    Datum: 10.05.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... weiß«, hauchte Miriam, denn damals, kurz nach ihrer Inthronisierung, war es ihr für wenige Stunden vergönnt diese Welt als Königin zu besuchen. Allerdings als blinde Königin, die nur mit den Augen ihrer Drohnen sehen konnte.
    
    »Gab es diesen dunklen Wald mit seinen Bewohnern schon immer, ohne dass ich ihn wahrgenommen habe?«, frage Miriam.
    
    ‚Woher soll ich das wissen, ich bin gestern erst erwacht!', antwortete V'nyx der IV vorwurfsvoll. Miriam atmete enttäuscht aus: »Du bist ein Cerebrat, davor habe ich Angst.«
    
    ‚Warum?'
    
    »Du beeinflusst mich, und ich habe keine guten Erfahrungen mit euch gesammelt.«
    
    ‚Wie willst du ohne Cerebrat herrschen?'
    
    »Ich will nicht herrschen!«
    
    ‚Warum bist du dann Königin geworden?'
    
    »Das hat sich so ergeben«, seufzte Miriam.
    
    ‚Warum tötest du mich nicht, solange die Verbindungen noch schwach sind?'
    
    Miriam schaute zur Flasche mit dem Chlorreiniger. Das Zeug stank widerlich und sie war sich sicher, dass der Inhalt ausreichte, um der Pflanze ein Ende zu setzen.
    
    »Wirst du mich kontrollieren, wenn ich dich am Leben lasse?«
    
    ‚Wenn du schwach bist ... muss ich die erste Stimme übernehmen'
    
    »Und, wenn ich eine starke Königin bin?«
    
    ‚Eine Königin kann ohne Cerebrate keine echte Stärke erlangen', stellte V'nyx der IV. herablassend klar und fragte dann: ‚Hast du all die Jahre als blinde Königin gelebt, ohne den Drang zu verspüren, ein eigenes Königreich zu gründen?'
    
    »Ja«, seufzte Miriam und schloss ihre Augen. Die zahlreichen ...
    ... Eindrücke der jüngsten Zeit erschöpften sie, und die aufkeimende Pflanze schien ihr jetzt schon rhetorisch und mental überlegen zu sein. Es wäre leicht, dem ein Ende zu setzen, aber wie sollte sie mehr über ihre Art erfahren, wenn sie die vielleicht letzte Chance auf Antworten tötete? Mit dem festen Vorsatz, ihren Kopf heute nicht noch mehr zu martern, stand sie auf und ging in ihr Schlafzimmer. Sie sah sich in dem großen Standspiegel durch den Raum laufen: die Blaue Königin, mit nackten Brüsten, in weißen Jeans-Hotpants und mit weißen Sneakers.
    
    Sie trat näher an den Spiegel und beäugte die neu hinzugekommene, orangefarbene Note in ihrem Gesicht. Der blaue Lidschatten dominierte und zog sich weiterhin bis über die Schläfen, war aber mit einem feinen orangefarbenen Lidstrich unterlegt. Der Übergang ihrer tiefblauen Lippen zum schwarzen Grundton ihres Gesichts wurde durch einen orangefarbenen Schatten sanfter modelliert. Dezent war ihre Erscheinung im mutierten Zustand noch nie, aber mit diesem Farbspiel musste sie sich noch anfreunden. Aus einer Laune heraus verknotete Miriam die beiden Stoffecken ihrer offenen Bluse auf Höhe ihres Bauchnabels. Die Bluse schmiegte sich eng an ihren Oberkörper, ihre Brustwarzen wurden geradeso bedeckt. Sie betrachtete ihren Körper im diffusen Licht der untergehenden Sonne. Ihre schwarze Haut war in der Dämmerung fast unsichtbar. Einzig die weiße Kleidung und die blau-orangen Akzente im Gesicht und an den Hand- und Fußnägeln waren deutlich zu ...
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