Juliana und die Piraten
Datum: 18.03.2019,
Kategorien:
Macht / Ohnmacht
... unbekannt gebliebene Wegelagerer in einem Wald die Kutsche der jungen Herzogin und verschleppten diese. Am übernächsten Morgen wurde sie auf dem Hauptplatz eines kleinen Dorfes unweit von Aberdeen splitternackt an die Viehtränke gebunden aufgefunden. Ihre Kleider lagen fein säuberlich zusammengelegt anderthalb Meter neben ihr, für sie unerreichbar. Ihr Schmuck lag darauf, nichts fehlte. Die Herzogin hatte sie mehr als vier Stunden in dieser Lage verbracht, bis sie befreit wurde, denn sie hatte nicht gewagt, um Hilfe zu rufen und damit die Dorfbewohner auf sich aufmerksam zu machen. Letztlich sahen zwar nur gut ein Dutzend Menschen die Herzogin in diesem jämmerlichen Zustand, doch das genügte, um die Kunde davon in Windeseile, ausgeschmückt mit pikanten Details, weit über Schottland hinaus bis nach London und eben auch ins beschauliche Donegal im Nordwesten Irlands zu tragen. Juliana weiß seither, daß ein Muttermal die linke Arschbacke der Herzogin schmückt, und daß das pechschwarze Kopfhaar, mit welchem diese gelegentlich kokettiert und für welches sie von vielen Frauen beneidet wird, gefärbt sein muß, da es ansonsten kaum mit der üblicherweise verborgenen rötlichblonden Bewaldung ihres Unterleibs in Einklang zu bringen wäre. Juliana ergötzte sich damals insgeheim mächtig am Mißgeschick des schottischen Dummerchens. Nun aber ist sie selber ein solches, wenn auch ein irisches. Juliana konnte sich lebhaft vorstellen, was, sollten die Piraten die \"Mary of Windsor\" und deren ...
... Mannschaft, von denen nicht wenige Iren sind, nach der Plünderung des Schiffes wieder ziehen lassen, nach der Rückkehr der Matrosen in ihre Heimat Gegenstand lebhafter und fantasievoller Erzählungen in den Hafentavernen von Cork, Galway, Belfast und Dublin sein dürfte.
Doch wie ist Juliana an diesem Donnerstagmorgen im Mai 1694 in diese Lage geraten? Im letzten Herbst bestimmte der König überraschend Lord Robert zum Gouverneur der kleinen britischen Kronkolonie St. Kitts. Juliana wollte ihre Eltern nicht in die Karibik begleiten, sondern in Irland bleiben. Selbstverständlich ist es undenkbar, daß eine unverheiratete Frau ihres Standes allein in Irland lebt. Peter, der grundsolide, einige Jahre ältere Sohn des Earls of Munster hielt um ihre Hand an, doch Juliana wies ihn zum Entsetzen ihrer Eltern ab, was zu reichlich Verstimmung in den beiden Familien führte. Es verblieb das anglikanische Kloster der Barmherzigen Schwestern von St. Stephen, und Juliana erklärte sich ohne Begeisterung bereit, mindestens einstweilen als Novizin in dieses einzutreten. Ende Februar verabschiedeten sich Eltern und Tochter im Hafen von Galway. Lord Robert und Lady Anne reisten ab in die Karibik und zwei Tage später führte der jüngere Bruder von Lord Robert Juliana zur Pforte des Klosters, wo diese der eher mürrisch wirkenden Novizenmeisterin übergeben wurde. Juliana verbrachte eine Nacht und fast einen Tag allein in einer Zelle am äußersten Ende eines langen Ganges. Dann gegen Abend wurde sie in ...