1. Blutrache Teil 05


    Datum: 01.02.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... Olas.
    
    Irritiert fuhr Skjalas Kopf nun doch herum und sie sah den verlässlichen, aber etwas tumben Krieger mit einem guten Armvoll Rinden im Eingang stehen.
    
    „Wo ist Vigulf?", fragte sie, plötzlich aus unerklärlichem Grund gereizt.
    
    „Er kümmert sich um Bjorn. Der Hetmann will nicht aus der Berserkerwut fallen."
    
    Das war zu befürchten gewesen, wie sich die Kriegerin eingestehen musste. Und Vigulf oder sie selbst zurate zu ziehen, war in einem solchen Fall nicht nur weise, sondern auch besser für die Gesundheit der Männer.
    
    Bjorn nahm ohne jeden Zweifel am furchtbarsten Rache an den Geächteten. Und nur die beiden Geschwister konnten es wagen, in seiner tiefsten Wut zu ihm durchdringen zu wollen, während sie den Prankenhieben auswichen, die er blindwütig gegen jeden austeilte, der sich ihm in den Weg stellte.
    
    Wäre sie selbst nicht beschäftigt gewesen, so hätten die Krieger sich ihr zugewandt, denn sie war die rechte Hand des Anführers. Sie war das Besonnenere der beiden Wolfskinder, die es als Einzige wagten, sich dem manchmal starrköpfigen Bjorn ohne Zögern entgegenzustellen.
    
    Den anderen Kartaren waren die Lektionen ihrer Kindheit zu gegenwärtig. Sie reizten den Bären nicht. Und deswegen widersprachen sie ihm auch dann nicht, wenn er frohen Mutes war, aber eine dumme Idee hatte.
    
    Nur sie und Vigulf riskierten einen seiner berüchtigten Stimmungsumschwünge in dem Bewusstsein, ihn irgendwie bändigen zu können. Aber ihr Bruder hatte die Neigung, die oftmals ...
    ... erstaunlich undurchdachten Ideen ihres Freundes begeistert aufzugreifen, solange sie nur genug Kampf und Gefahr versprachen. Und so war die Wahl der Männer für die rechte Hand ihres Anführers auf Skjala gefallen.
    
    „Leg die Rinden dort ab." Sie zeigte auf einen Tisch in der Nähe und erhob sich von ihrem Lager, auf das sie die verletzte Warmländerin gebettet hatte. „Hast du wenigstens Eiche und Weide gefunden?"
    
    „Eiche fand ich nicht. Nur... Weide?", murmelte der Krieger ein wenig verlegen.
    
    „Du weißt, wie Weide aussieht, oder?", fragte Skjala scharf, als sie sein Zögern hörte.
    
    „Natürlich!", fuhr Olas auf. „Nur hier im Süden sehen alle Bäume so... anders aus."
    
    Frustriert verdrehte Skjala die Augen. Er hatte keine Ahnung. Und ausgerechnet ihn hatte Vigulf beauftragt, die Rinde zu beschaffen? Aber vermutlich war niemand sonst in greifbarer Nähe gewesen.
    
    Ein näherer Blick bestätigte ihre Befürchtung, dass sie nicht von einer Weide stammte. Sie sah beinahe aus, wie von einer Buche. Aber nicht ganz. Gereizt griff sie eines der Stücke und besah es genauer.
    
    „Wie sah das Laub des Baumes aus?"
    
    „Rot", antwortete Olas.
    
    „Die Form der Blätter, du dämlicher Haufen Trollscheiße", explodierte sie aufgebracht. „Aber brich dir keinen ab. Rote Blätter im Sommer... Rinde wie von einer Buche... Das kann nur..."
    
    Überrascht hielt sie inne und wandte den Blick von dem Krieger ab, der den Kopf einzog und trotzig dreinblickte. Wie in Trance führte sie die Rinde näher zu ihrer Nase ...
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