1. Blutrache Teil 05


    Datum: 01.02.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... jemandem stand, bemerkte sie sogar eine Veränderung im Geruch, wenn die Person log. Und sie roch manchmal, wenn Krankheiten die Ausdünstungen veränderten.
    
    Im Laufe der Zeit hatte sie gelernt, sich außerdem auf ihren Instinkt zu verlassen. Mochte sie den Geruch von jemandem nicht, war es der Wolf in ihr, der ihr mitteilte, dass der Person nicht zu trauen war. Geirrt hatte sich dieser Sinn noch niemals.
    
    Den Geruch des Mädchens mochte sie. Sogar ein wenig zu sehr, wenn sie es recht bedachte. Doch was sie irritierte, war der Hauch von Wald, der ihr anhaftete. Sie roch nach... Baum. Und das hatte Skjala noch niemals bei jemandem wahrgenommen. In dieser Form noch nicht einmal, wenn Männer frisch vom Holzfällen kamen.
    
    Für den Moment musste sie es jedoch einfach dem Rätsel hinzufügen, dass der Rotschopf zu sein schien.
    
    Das arme Ding war völlig weggetreten und reagierte selbst dann kaum, als die Kriegerin die Blasen öffnete und die Brandflüssigkeit absaugte. Was allerdings auch gut war, denn um die Wunden zu versorgen, musste sie die aufgeblähte Haut entfernen und das Fleisch darunter säubern, wie es auch bei den Siegesnarben getan wurde.
    
    Ein schmerzhafter Prozess, der auch Kriegern manchmal ein Zähneknirschen entlocken konnte.
    
    Wenn die Warmländerin überlebte, würde sie auf ihrem Körper vierfach den Beweis dafür tragen, dass sie die Zuwendung der Geächteten überstanden hatte. Sie würde Narben tragen, die sie in den Augen der Kartaren zu einer Kriegerin machten. ...
    ... Und man würde sie für das respektieren, was sie überlebt hatte.
    
    Doch man würde sie auch meiden, denn sie trug nun das Zeichen der Verfluchten. Ohne ihre Schuld würde sie das zur Ausgestoßenen machen. Ein schneller Tod wäre vielleicht gnädiger, als sie diesem Schicksal auszusetzen oder sie fortzujagen zu einem Volk, dem der sichere Untergang drohte.
    
    Aber Skjala wischte diesen Gedanken gleich in dem Augenblick wieder beiseite, in dem er aufkam. Und sie tat das nicht, weil der Rotschopf ihnen vielleicht Fragen beantworten konnte, die für ihre Blutrache wichtig sein mochten. Sie tat es...
    
    Beinahe hätte die Kriegerin erleichtert aufgeatmet, als die Tür aufgestoßen wurde. Zwar konnte sie keine Störung gebrauchen, doch ihre Gedanken hatten eine allzu beunruhigende Richtung eingeschlagen.
    
    Der Eindringling konnte eigentlich nur ihr Bruder sein, den sie ausgesandt hatte, um die Rinde von Weide und Eiche zu beschaffen. Und ein wenig Tannenharz, sofern er welches zu finden vermochte.
    
    Es gab gewiss auch in den Warmlanden wirksamere Heilmittel, doch Skjala hatte weder die Zeit, noch die Kenntnisse, um sie selbst zu suchen. Sie war überhaupt nur deswegen die Geschickteste bei der Versorgung von Wunden, weil sie als Kind ihre neugierige Nase auch aus den Angelegenheiten der Heilerinnen nicht hatte heraushalten können.
    
    „Hast du alles gefunden?", wollte sie wissen, ohne aufzublicken.
    
    „Ich fand Rinde, doch der Baum wollte kein Harz geben", brummte nicht Vigulf, sondern ...
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