1. Der Reine Tor


    Datum: 17.10.2017, Kategorien: Erstes Mal

    ... geht es gut! Mir geht es sogar ganz wundervoll! Und das liegt allein an dir!"
    
    Ich öffnete die Augen , und zu meiner gelinden Verblüffung mußte ich erkennen, daß mein gertenschlanker Pianist den Platz hinter seinem Klavier verlassen hatte und neben der Schlafcouch stand, auf der ich mich noch immer wohlig räkelte und mich ganz dem Nachklang der soeben erlebten, nicht nur akustischen Wonnen überließ.
    
    "An mir?" echote er fragend und musterte mich mit großen, verständnislosen Augen. Oh, wie ich diesen Ausdruck kindlicher Unschuld auf seinem Gesicht liebte!
    
    "Ja, Julio!" erwiderte ich schon um einiges lebhafter. "Es war dein Klavierspiel, das mich so gerührt hat! Du spielst wirklich vollendet! Und dann dieses letzte Stück...einfach herrlich! Von wem ist das?"
    
    Täuschte ich mich, oder zierte sein schönes Antlitz mit einemmal tatsächlich ein leises, etwas spitzbübisches Lächeln? Ich weiß es heute nicht mehr mit Bestimmtheit, doch erinnere ich mich exakt seiner stolzgeschwellten Brust, als er mit ungewohnt klarer und fester Stimme zu mir sagte: "Das habe ich für dich geschrieben, Tante Harriet!"
    
    Wie kam es nur, daß meine Augen bei diesen Worten Julios abermals in Tränen schwammen?
    
    "Für mich?" stieß ich fassungslos hervor. "Aber...wieso komponierst du ausgerechnet für mich etwas so Wunderbares?"
    
    Ich konnte mein Glück kaum ermessen, als er, ebenfalls um die richtigen Worte ringend, entgegnete: "Weil ich dich...weil ich...dich...irgendwie gut finde, Tante ...
    ... Harriet!"
    
    "Du findest mich also gut!" stellte ich betont sachlich fest und bemühte mich, meine Stimme so sanft wie nur irgend möglich klingen und mir die leichte Belustigung nicht anmerken zu lassen, die dieser seltsame Dialog bei mir hervorrief. "Was denn so?"
    
    "Du bist immer so nett zu mir!" antwortete Julio ungewohnt bereitwillig. "Und du bist...so hübsch!" ES machte ihm offensichtlich Mühe, dieses für ihn ungeheure Lob meines Aussehens über die Lippen zu bringen. "Und..."
    
    "Und?" hakte ich sanft nach und ahnte nicht im entferntesten, was er gleich stammeln sollte. .
    
    "Ach, Tante Harriet," druckste er verlegen, und ich erschrak, als diese schönen rehbraunen Augen plötzlich zu Boden blickten. "Es ist alles so seltsam ... und doch irgendwie schön!"
    
    "Nun sag schon, Julio!" motivierte ich ihn und wäre fast vom Sofa gefallen, als ich ihn in aller Unschuld antworten hörte: "Du hast so herrlich rote Haare, so herrlich grüne Augen...und ganz tolle Titten!"
    
    Um es nochmals zu betonen: Er sagte dies mit todernstem Gesicht und niedergeschlagenen Augen. Deshalb kamn es mir gar nicht erst in den Sinn, ihm die vulgäre Bezeichnung für meine Brüste krumm zu nehmen. Mein kleiner, leicht autistischer Klaviervirtuose hatte sich offensichtlich in mich verliebt, und, verdammt nochmal, irgendwie hatte ich Julio ja auch lieb. "Und...und...da ist noch was anderes," stammelte er weiter. Sein bronzener Teint wurde noch eine Spur dunkler. Das war vermutlich die puertoricanische Variante eines ...
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