1. Lea


    Datum: 05.09.2018, Kategorien: Nicht festgelegt,

    ... einer Geste zu der Gezeichneten, die noch immer völlig reglos über dem Tisch hing. Obwohl ihr Blut und der Samen des Alten die Beine hinab liefen, machte sie keine Anstalten aufzustehen und gab keinen Laut von sich.
    
    „Ich habe kein Interesse an der Sklavin. Ich bin im Auftrag der Heilergilde unterwegs und muss Sie auf gewisse Fähigkeiten hin untersuchen. Es wird nicht lange dauern." Mit diesen Worten ging er auf den Alten zu und legte ihm die Fingerspitzen an die Schläfen. Dieser war so verblüfft, dass er einen Moment lang vergaß, sich zu wehren. Als er schließlich einen Schritt zurückwich, war Kirdan schon fertig.
    
    Der Alte hatte nicht einen Funken heilender Magie in sich. Kirdan war entsetzt. Er war sich ganz sicher, dass Magie geflossen war, während der Alte die Sklavin berührt hatte. Dass jemand in fortgeschrittenem Alter die Fähigkeit dazu entwickelte, war sehr selten, aber dass eine Gezeichnete Magie benutze, war schlichtweg unmöglich. Sie gehörte zu einer minderwertigen Rasse, die zu so etwas nicht fähig war.
    
    Zögernd trat Kirdan zu dem Tisch. Durch das Gewirr von völlig verfilzten, schwarzen Haaren hindurch berührte er sie an den Schläfen. Und zuckte sofort zurück, denn ohne Zweifel hatte er die Magie gespürt, die in dieser Frau ruhte. „Vielleicht ist sie doch keine Gezeichnete", war der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf ging. Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht und befahl: „Augen auf!" Die bis dahin völlig apathisch wirkende Frau schlug die Augen auf ...
    ... und blickte ihn an. Selbst in dem unruhigen Schein der Öllampe konnte Kirdan erkennen, dass ihre Augen einen sehr hellen Grauton hatten. Genau dieser Farbton war das einzige, aber auch unmissverständliche Merkmal, das alle Sklaven kennzeichnete.
    
    Der Befehl, ihre Augen zu öffnen, drang wie durch einen Nebel in Leas Bewusstsein. Reflexartig kam sie ihm nach und erblickte zu ihrer Verwirrung nicht den Alten, sondern den Fremden, den sie am Abend bedient hatte. Mit einer Mischung aus Unglauben und Entsetzen auf seinem scharf geschnittenen Gesicht starrte er sie an, dann verließ er hastig den Raum. Mühsam richtete sie sich auf und zog ihr Kleid wieder an. Der Alte scheuchte sie mit einer Handbewegung hinaus und sie schleppte ihren müden Körper in die Küche.
    
    Ein Blick in den Topf bestätigte ihre Befürchtungen: die anderen Gezeichneten hatten sich in ihrer Abwesenheit über die Essensreste hergemacht. Es gab unter den Sklaven kaum Hilfsbereitschaft und Freundschaft, nur die stärksten und eigennützigsten unter ihnen ertrugen die Bedingungen. Dem Wirt war das so nur recht, denn fehlende Kameradschaft bedeutete für ihn auch weniger Risiko für Aufstände.
    
    Resigniert ging Lea nach draußen zu dem Stall, in dessen hinterster Ecke sich der Raum befand, den sie sich mit den anderen Gezeichneten zum Schlafen teilte. Sie wollte sich noch das Blut von den Beinen waschen, aber sie kam nicht einmal mehr bis zu dem kleinen Zimmer, bevor ihre Beine unter ihr nachgaben. Sie war in ihrem ganzen ...
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