1. Projekt Ewa 1v4


    Datum: 08.08.2018, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... Fracht aber will gut behütet sein. Acht Menschen, sechs Männer und zwei Frauen. Wissenschaftler, so vermutet der Fahrer. Arrogantes Pack, wie er weiß. Grimmig steuert er auf eine Gruppe armdicker Bäume zu. Das Rumpeln des Kettenfahrzeuges und die entsetzten Aufschreie der Zicken befriedigen ihn für einen kurzen Augenblick.
    
    "Hoffentlich nicht schon wieder ein falscher Alarm", quetscht einer der Männer hervor.
    
    "Die Alte ist zäh. Verdammt zäh", antwortet ein anderer.
    
    Mittagszeit. Der Pfleger, ein dunkelhäutiger Hüne von gut und gerne zwei Meter Größe, breit wie ein Kleiderschrank, schiebt ein Wägelchen vor sich her. Ein Rad kreiselt quietschend um sich selbst. Er zieht Blicke auf sich. Die alte Dame haßt den Brei, der ihr den Mund verklebt und sie zu Hustenanfällen nötigt. Aber noch mehr haßt sie es, wenn das Essen durch die Nadel kommt. Bevor sie den Mund öffnet, schaut sie noch einmal zum Fenster hinaus. Der grüne Flecken beruhigt sie.
    
    Kein Mensch beobachtet, wie die acht Frauen und Männer in den Aufzug steigen. Und niemand sieht, wie ihr Anführer eine Chipkarte in den Schlitz des Lesegerätes schiebt, einen Moment verharrt und dann die Taste mit dem eingravierten E drückt. Gemeinsam ziehen sie sich in einem schmucklosen Raum aus. Hier gibt es nichts Privates. Nichts Intimes ist ihnen aneinander fremd. Dafür arbeiten sie schon zu lange miteinander. Nach mehreren Dekontaminationsschleusen steigen sie in ihre papierenen Overalls. Diesmal ist es kein falscher Alarm, ...
    ... das spüren sie.
    
    Der Pfleger taucht den Löffel in den grünen Brei. Die Liegende öffnet ihre Lippen. Aus dem Augenwinkel heraus sieht sie wie das Blatt losreißt. Einem Surfer gleich reitet es im Wind. Schlägt Purzelbäume, dreht sich um die eigene Achse, verharrt für den Bruchteil einer Sekunde, bevor es eine neue Welle findet und aus ihrem Blickfeld verschwindet. Die alte Dame seufzt. Schließt die Augen. Frieden liegt auf ihrem Gesicht.
    
    Der Arzt nickt. Der Pfleger zieht die Bettdecke über den Kopf der Greisin. Währenddessen greift der Arzt in die Tasche seines Kittels und holt einen kleinen Karton hervor. Am spitzen Ende ist ein Bindfaden befestigt.
    
    "Rufen Sie unten an. Aber schnell. Jetzt geht es um jede Minute."
    
    Der Pfleger nickt und hastet hinaus.
    
    Vier Minuten später befindet sich das Bett mit der alten Dame im Fahrstuhl. Der Mann drückt auf E. In der Hektik ist das Betttuch verrutscht. Am Fuß der Liegenden baumelt ein kleiner Zettel. Vivian Holland, geb. 12. Januar 1952, gest. 11. Januar 2042, 12 Uhr 31. Die Tinte schimmert noch ein wenig feucht.
    
    *
    
    Rückblick
    
    Frankfurt Airport. 2010. Im Minutentakt landen die Maschinen mit den wichtigsten Köpfen der Welt. Politiker, Generäle, Wissenschaftler. Gepanzerte Limousinen fahren vor. Sofort bildet sich ein Kokon von Elitesoldaten um sie herum. Dunkle Schatten verschwinden hastig hinter schnell zugeschlagenen Autotüren. Dann rast der Konvoi quer übers gesperrte Rollfeld und verschwindet in einem leeren Hangar am ...
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