Bei den bösen Mädchen
Datum: 06.05.2018,
Kategorien:
Romantisch
... unserem Königreich, denn jede Kriegerin ist eine potentielle Heldin, die das Reich notfalls ganz alleine retten kann. Davon künden die unzähligen Sagen, die Geschichtenerzähler an jedem Markttag erzählen.
Ich war ganz bestimmt nicht zum Helden geboren. Aus einer Nebenlinie des niederen Landadels stammend hatte ich keine großartige Lufbahn bei Hofe zu erwarten und ich versagte ich kläglich in jeder Disziplin der Kriegskunst. Für meine Eltern war es ein Glücksfall, mich in den Verwaltungsdienst des Königs zu vermitteln. Ich trat in die bautechnische Abteilung ein und spezialisierte mich auf den Fachbereich 'Inoffizielle Tiefbauangelegenheiten'. Davon gibt es alleine auf dieser Festungsanlage ziemlich viele, die alle in Schuss gehalten werden müssen. Natürlich werden Geheimgänge nie kartographiert, sondern das Wissen über sie wird ausschließlich mündlich überliefert. Egal ob es sich um große Stollen, durch die sich zwei oder drei Berittene bequem nebeneinander bewegen konnten, oder klaustrophob enge Kriechröhren, verwaltungstechnisch dürfte es im ganzen Königreich kaum etwas Uninteressantes als Geheimgänge geben, es seie denn, für Feinde. Als Geheimnisträger durfte ich die Festungsanlage nur mit einer vom König unterzeichneten Sondergenehmigung verlassen, und das Reich überhaupt nicht.
Der Ausblick aus dem Fenster meines Dienstzimmers war oft viel interessanter als meine Arbeit. Wenn die Kriegerinnen draußen ihre Langbögen spannten, ihre Schwerter zogen oder Speere ...
... schleuderten, konnte ich meine Augen kaum von ihnen lassen. Sie konnten reiten als ob sie mit ihren Pferden verwachsen wären, sie kletterten an unglaublich steilen Felswänden empor, und nicht wenige konnten aus dem Stand mit einem eindrucksvollen Rückwärtssalto auf eine zwei- oder drei Mann hohe Mauerkronen springen. Nicht nur in allen bekannten Kriegstechniken übten sie sich, längst wussten auch die Feinde des Reiches, dass viele Kriegerinnen traditionell über magisches Geheimwissen verfügten. Die Kriegerinnen hier waren die besten des Landes. Nur wer sich schon anderweitig als Kämpferin hervorgetan hat, kann überhaupt am "Königlichen Meisterseminar der Töchter des Schwertes" aufgenommen werden.
Im Volksmund heißt diese Kriegerinnenschule Amazonenakademie, was schlichtweg Quatsch ist da keine der Damen je auf die Idee käme, ihre Oberweite verstümmeln zu lassen. Obwohl ich sie nur aus relativ großer Entfernung betrachten konnte gewann ich den Eindruck, dass die Kriegerinnen auf ihr Äußeres großen Wert legten.
Gerade die knappen Brustpanzer und die ledernen Waffenröcke, welche die Damen im Hochsommer zu tragen pflegen fand ich ausgesprochen kleidsam. Ich wurde kaum müde, den schlanken, sehnigen Leibern bei ihren Übungen zuzuschauen, und das wilde Muskelspiel etwa beim Parieren eines Schwerthiebes verfolgte mich bis in meine schlaflosen Nächte. Ich hätte einwilligen sollen als mein Bruder eine Hochzeit für mich arrangieren wollte, aber ich erfand ein paar fadenscheinige Ausreden ...