1. Lisa am Teich


    Datum: 30.04.2018, Kategorien: Voyeurismus / Exhibitionismus

    Lisa war eigentlich kein Hingucker. Wir mochten sie freilich alle; und es gab nichts, was sie nicht konnte: Sie hatte tolle Noten, war hilfsbereit, spielte fantastisch Geige (sagten auch die, die davon wirklich etwas verstanden), gab kleineren Kindern Nachhilfe... Wenn sie nicht so unglaublich nett und bescheiden gewesen wäre, hätten wir sie sicherlich als Streberin abgestempelt. Aber sie war einfach wirklich keine, das war uns allen klar, und niemand neidete ihr etwas.
    
    Vielleicht wäre das anders gewesen, wenn sie auch noch ein umwerfend schönes Mädchen gewesen wäre. Aber wie gesagt, sie war eigentlich kein Hingucker. Nicht hässlich, garantiert nicht. "Unauffällig", würde man im Nachhinein wohl sagen. "Angenehmes Äußeres" schon auch. Aber bestimmt keine, die ein Thema war, wenn wir Jungs abends nach dem evangelischen Jugendtreff, den wir seit der Konfirmation mehr oder weniger überzeugt besuchten, heimlich im Park standen, rauchten, Pauls mitgebrachten Schnaps tranken und uns über Frauen unterhielten. Lisa war ziemlich dünn, fast mager, hatte ein spitzes Gesicht, hellbraune Haare, ein überaus freundliches Lächeln und strahlte Ruhe aus. Ruhe war aber etwas, was uns 18jährige Burschen keineswegs interessierte, wenn es in unseren Gesprächen um die Stufenkameradinnen ging. Da ging es um Susannes gewagte Ausschnitte und die darin sichtbaren Spitzen-BHs; um Kerstin, die angeblich untenrum rasiert war (wir sprechen von einer Jugend in den 90ern...); um die engen Oberteile ...
    ... von Aylin; um Caro, die ihre schweren Brüste immer demonstrativ auf dem Tisch ablegte, wenn sie in der ersten Reihe sitzen musste; um das Gerücht, Christine hätte ihrem Freund einen geblasen (wie gesagt, in den 90ern war das alles noch terra incognita, so ohne Internet...). Und so weiter.
    
    Kurz vor dem Abitur gönnte ich mir mit freundlicher Unterstützung meiner Großtante einen Entspannungstag in einem Thermalbad. Seit ich 15 war, hatte ich das Saunieren für mich entdeckt. Ein ungewöhnliches Hobby vielleicht, aber mir gefiel es einfach, zu schwitzen und dabei meinen Gedanken nachzuhängen. Ich lag draußen am Naturbadeteich in einem Liegestuhl in zweiter Reihe und las hin und wieder in "Lord of the flies", was unser Englischlehrer mir empfohlen hatte und was ich damals schon super fand. Plötzlich kam Lisa aus dem Gebäude. Die Lisa aus meiner Stufe. Kein Hingucker. Ich guckte trotzdem hin. Sie trug einen lila Bademantel. Ihre langen Haare, die sie sonst immer zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, fielen ihr offen und feucht über die schmalen Schultern. Ich hatte noch nie eine Schulkameradin in der Sauna getroffen und wusste nicht, ob ich sie rufen sollte. Ich entschied mich dagegen, und das war rückblickend sicherlich nicht falsch.
    
    Lisa stand einfach nur da und ließ sich die Sonne auf ihr blasses Gesicht mit der spitzen Nase scheinen. Dann öffnete sie ihren Bademantel und mein Puls beschleunigte sich etwas. Sozusagen umsonst, denn sie hatte ein großes weißes Saunatuch ...
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