1. Der ganz persönliche Assistent 03


    Datum: 06.04.2018, Kategorien: Schwule

    Als die Fahrstuhltür sich öffnete, traf ihn der Schock. Frau Krüger stand vor ihm, was sich leicht erklären ließ. Sie hatte noch den Schlüssel für Haustür und Fahrstuhl, weil sie oft genug für Robert Besorgungen gemacht oder nach dem Rechten geschaut hatte. Die Erklärung änderte bloß nichts daran, dass Pierre am liebsten in den Boden versunken wäre vor Scham. Frau Krüger dagegen schien gänzlich unbeeindruckt, herzlich begrüßte sie ihn, machte keine Anstalten, den Grund ihrer Anwesenheit zu erläutern, und fragte stattdessen, ob sie einen Espresso machen solle. Mechanisch und willenlos nickte Pierre. Dann saßen sie einander gegenüber an dem Glastisch.
    
    „Du wunderst Dich, dass ich mich nicht wundere, nicht wahr?", sagte die reife Lady und lehnte sich lächelnd in dem elegant geschwungenen Barcelona-Chair zurück. Ihre hohen schwarzen Pumps klackten auf dem Parkett, und sie war elegant wie immer: ein taubengraues Dior-Kleid, knielang, glänzende Seidenstrümpfe und eine raffinierte, asymmetrische, sehr pflegeintensive Frisur, Make-up und Lippenstift erlesen und äußerst diskret aufgetragen. Selbst in seiner Verwirrung nahm Pierre diese Erscheinung mit einem gewissen Neid wahr: So auszusehen, das würde ihm nie gelingen. Frau Krüger benahm sich, als sei Pierres Aufzug das Selbstverständlichste der Welt. Und während Pierre wieder klarer im Kopf wurde, erzählte sie im leichten Ton, wie sie sich Stück für Stück zusammengesetzt hatte, was passiert war. Es war angenehm, ihr zuzuhören, wie ...
    ... sie logisch und ohne moralisches Urteil zu dem Schluss kam: „Du hast Liebeskummer, weil er Dich vernachlässigt." Pierre nickte und öffnete Frau Krüger sein Herz, erzählte von den Vorfällen in Cannes und von Roberts Verhalten in jüngster Zeit.
    
    Als er geendet hatte, stand Frau Krüger auf, holte vom Sideboard eine Flasche Cognac und zwei Cognac-Schwenker aus der Küche. Sie reichte einen Pierre, stieß mit ihm an und sagte: „So vertraut, wie wir uns geworden sind, solltest Du mich Gisela nennen!" Sie küssten sich auf die Wange, prüften dabei diskret das Parfüm des anderen, und Gisela sagte: „Ich wusste doch, wie gut Du Dich machen würdest, ganz reizend siehst Du jetzt aus, zum Anbeißen." Der immer noch verwirrte Pierre merkte, dass er steif wurde. Und es knisterte auf einmal zwischen den beiden. „Ist sie lesbisch?", fragte sich Pierre, „oder will sie mich umdrehen, oder will sie einfach etwas Neues?"
    
    Auch Gisela spürte, dass die Chemie sich deutlich geändert hatte. Ein leichtes Triumphgefühl stieg in ihr auf, als Pierre bei ihr blieb, sie einander nach dem Kuss noch immer leicht berührten. „Dann küss mich doch richtig", sagte Gisela selbstgewiss und fühlte fast sofort Pierres feuchten Mund auf ihrem. Sie knutschten etwas ungelenk, weil sie beide nicht wussten, wie sie einander ihr heftig aufflammendes Begehren zeigen sollten, welche Rolle wer im Spiel der Geschlechter spielen sollte. Als die Ältere und Reifere begann Gisela, die Führung zu übernehmen. Sie nahm Pierres Kopf ...
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