Reines Vergnügen
Datum: 27.02.2018,
Kategorien:
Macht / Ohnmacht
Barfuß wird sie von ihren beiden Begleitern durch die hohe Flügeltür in einen großen Raum geführt. Sie gehen rechts und links von ihr, je eine Hand an ihren nackten Oberarmen, nicht grob, aber mit festem Griff, der deutlich macht, dass sie es sind, die die Richtung angeben.
Der größere Teil des Raumes liegt im Halbdunkel. Er ist mit Sesseln und Stühlen ausgestattet, auf kleinen Tischchen stehen Saft, Champagner, Wein, Whiskey. Auf Tellern werden Kanapees gereicht. Kerzen brennen. Die Gäste, etwa dreißig gut gekleidete Männer und Frauen, stehen oder sitzen herum, plaudern gedämpft, hier und da ist ein Lachen zu hören.
Als sie mit ihren Begleitern den Raum betritt, wird es still. Die Anwesenden drehen sich um und mustern sie. An der Stelle, wo sie jetzt steht, ist der Raum in warmes, helles Licht getaucht, so dass eine Art Bühne entsteht, durch Licht und Schatten vom Zuschauerraum getrennt, jedoch auf gleicher Ebene mit ihm. Sie spürt, wie sie betrachtet wird, wie man sie taxiert. Keiner der Anwesenden hat sie je zuvor gesehen. Sie nehmen sie unter die Lupe, wie man ein Kunstwerk auf einer Auktion begutachtet, eingehend, kritisch und mit der Idee, es haben zu wollen.
In ihrem kurzen, schwarzen Seidenkleid steht sie so ein paar Meter von ihnen entfernt. Mit leiser Stimme reden die Betrachter über das, was sie sehen. Sprechen über ihre Füße, ihre Beine, das Gesicht, die Figur, tauschen aus, was sie davon halten. Sie kann nur Bruchstücke von dem hören, was gesprochen ...
... wird, der Ausdruck auf ihren Gesichtern aber zeigt, dass sie zufrieden sind. Was sie vor sich haben, gefällt ihnen offensichtlich.
Während der ganzen Zeit steht sie fast bewegungslos da, bis ihre Begleiter sie langsam umdrehen, damit die Zuschauer sie auch von hinten betrachten können. Wieder dauert es eine Weile, bis die Gäste sie gründlich beschaut haben. Ab und zu kommt jetzt einer näher, berührt sie leicht, befühlt sie für einen kurzen Moment und gesellt sich dann wieder zu den anderen. Die Prozedur macht sie nervös, ist aber zugleich auf eine eigenartige Weise erregend. Wie die gesamte Aufmerksamkeit auf ihr ruht, wie jede noch so kleine Bewegung registriert wird. Jedes Zucken, das leichte Zittern ihrer Knie, nichts entgeht den Betrachtern.
Die Zeit scheint langsamer als sonst zu vergehen. Mit jeder Sekunde fühlt sie ihre Umgebung genauer. Die nackten Füße auf dem alten, von vielen Schuhen glatt geschliffenen Parkett, kühl, aber nicht unangenehm. Von dem hohen Fenster an der Stirnseite des Raumes zieht ein sanfter Lufthauch zu ihr her, schmeichelt über die nackten Schultern, streift die Schenkel, die kaum von dem Stoff des Kleides bedeckt werden. Das Pendel einer großen Standuhr im dunkleren Teil des Raumes schwingt mit unbeirrbarer Regelmäßigkeit, Tak - Tak – Tak ...
unendlich langsame Sekunden vergehen und noch immer steht sie da und lässt sich betrachten.
Plötzlich ertönt ein sanfter Gongschlag irgendwo her und im Raum wird es erneut still. Sie will über die ...