Zoya in der Milizwache
Datum: 10.07.2020,
Kategorien:
Macht / Ohnmacht
... Dummerchen gerade mal in seinem selbst gebrauten Saft schmoren lassen.
Dann aber um 17.15 Uhr nahte die Befreiung. Zoyas Mutter betrat gemeinsam mit Dmitri, Zoyas 15-jährigem Bruder den Korridor mit den Zellen und wurde von einer Milizionärin zu Zoya geführt. Ein letztes Mal musste Zoya "Haltung" annehmen, was Dmitri, verbunden mit der dadurch unverhüllten Nacktheit seiner Schwester offensichtlich amüsierte. Es war das peinlichste, was Zoyas Mutter ihrer Tochter antun konnte, den Bruder mitzubringen. (Zoya hat erst später erkannt, dass ihre Mutter damit nicht in erster Linie sie beschämen, sondern dem wesentlich ungestümeren und häufiger Alkohol trinkenden Sohn bei dieser Gelegenheit augenscheinlich machen wollte, zu was solches Verhalten führen konnte. Dieses gut gemeinte pädagogische Ansinnen ging etwas fehl.) Rasch erklärte Zoyas Mutter der Milizionärin, welche inzwischen eine Papiertüte mit Zoyas Kleidern und den Effekten gebracht hatte, sie werde mit ihrer Tochter noch "ernsthaft sprechen". Dann verliessen die drei die Milizwache und begaben sich zu Fuss auf den ...
... Heimweg. Zoya wusste, dass ihre Mutter sie als Erwachsene behandelt und dass sie, im Gegensatz zu Lara, nicht mit einem Arschvoll, Hausarrest oder anderem pseudopädagogischem Quatsch rechnen musste. Doch war sie überrascht, von ihrer Mutter kein Wort des Vorwurfs zu hören. Im Gegenteil erzählte ihre Mutter, dass sie selbst vor 25 Jahren einmal einen Tag in einer solchen Milizwache zugebracht habe. Damals, zur Zeit des Sowjetregimes, sei es noch etwas ruppiger zugegangen. Da habe es noch den Strafbock gegeben, falls Zoya wisse, was sie meine ... Zoya zuckte schaudernd zusammen, denn einen solchen glaubt sie auf dem Weg zur Dusche gesehen zu haben, im Keller der Milizwache, in sicherer Distanz. Zoyas Mutter lächelte und meinte, ein Zusammenstoss mit der Polizei gehöre zum Erwachsenwerden. Ein nächstes Mal allerdings werde sie ihre Tochter nicht mehr abholen kommen, und übrigens auch der Vater nicht. Dann müsste eben Zoya einige Ferientage zur Verbüssung einer Haftstrafe opfern. Damit war das "ernsthafte Gespräch" abgeschlossen und Zoya eine interessante Erfahrung reicher.