1. Schlaflos in Munich


    Datum: 12.12.2019, Kategorien: Voyeurismus / Exhibitionismus

    Kurt-Egon Hammerstein, ein kleiner, grauhaariger Mann von hagerer Gestalt, und einem Schnurrbart, der Jean Putz rot vor Neid hätte werden lassen, arbeitete nun schon seit 22 Jahren beim Giesinger Stadtanzeiger, als Karikaturist, und keinmal während dieser langen Zeit, nein nicht eine Minute, hatte er jenes Engagement bereut.
    
    Seine langen,dünnen Finger bearbeiteten oft stundenlang das ebenso zarte wie empfindliche Zeichenpapier und all seine Kollegen, ja auch die Jungen, bewunderten die unbändige Krativität des doch mittlerweile älteren Mannes, wie er dort einsam und allein in seinem Zimmerchen, im Dachgeschoss saß und immer unaufhörlich neue Ideen zu Blatt brachte.
    
    Seit die Löwen abgestiegen waren, stand nicht einmal mehr dieses Hobby, diese Leidenschaft zwischen ihm und dem Tuschestift, denn sich in ein halbleeres Stadion zu hocken und einer wild zusammengewürfelten Truppe von Legionären beim Verlieren zu zuschauen, dass entsprach nicht dem Ideal, das er sich zu seier Lebensmaxime gemacht hatte.
    
    Doch auch außerhalb des Fußballs, in seinem Privatleben, war von dem einstigen Euphemismus, der sein Leben bis dahin wie eine sanft gleitende Wolke getragen hatte, kaum mehr etwas zu spüren.
    
    Seine Frau hatte ihn vor nun schon mehr als 10 Jahren verlassen, sein einziger Sohn war Insasse der JVA Stadelheim (nach ein paar "völlig legalen" Immobiliengeschäften) und manchmal fragte er sich, warum er Abends überhaupt noch in seine leere Souterrainwohnung in der Tegernseer ...
    ... Landstraße zurückkehrte.
    
    Es war mal wieder ein veregneter Nachmittag, die alte Kuckucksuhr aus dunklem Eichenholz in der Ecke zeigte jetzt 16.55 Uhr an und die meisten aus der Redaktion waren schon vor einer guten halben Stunde in ihr wohlverdientes Wochenende entschwunden.
    
    Auch Kurt-Egon beschloss schweren Herzens den Stapel mit halb vollendeten Zeichnungen für zwei Tage zu verlassen und sich mit Peter-Alexander-Schallplatten und einer Best-of-DVD der lustigsten Sketche von Herbert und Schnipsi durch ein weiteres tristes Wochenende zu retten.
    
    Seufzend nahm er die Leine von seinem Rauhaardackel Melchior unter den Arm und stieg die schmale Holztreppe hinab, nicht ohne sich vorher noch seine Wurzelholzpfeife mit einem Feierabendtabak zu stopfen.
    
    Er hatte schon fast das Erdgeschoss erreicht, da kam ihm Gustl, der Chefredakteur des Giesinger Stadtanzeigers, verschwitzt und mit roten Backen auf der Treppe entgegen.
    
    "Du Kurti, gut, dass ich dich noch erwisch!", keuchte er. "Ich muss dich warnen!"
    
    Kurt-Egon verstand nicht ganz. Wovor sollte er denn noch Angst haben? Und warum kümmerte sich der Chef plötzlich um ihn? War es doch kein Geheimnis, dass er beim Verleger um eine Abschaffung der Karikaturseite plädierte.
    
    "Weiß'd Kurti...", begann Gustl abermals, der immer noch völlig außer Atem war. "...da beim Grünwalder, da ist doch heute dieses Dingens!"
    
    Und Kurt-Egon erinnerte sich. Erst letztens hatte er eine Karikatur darüber gezeichnet.
    
    "Die sind völlig ...
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