1. Zivildienst - Teil 4


    Datum: 19.11.2019, Kategorien: CMNF

    Vor dem Küchenfenster sitzend warte ich auf Felix. Nach seiner Arbeit kommt er vorbei und will mich dieses Wochenende nach Bad Schussenried zu meinen Eltern begleiten. Mein Vater hat morgen Geburtstag. Weil es ein Wochenende ist, hat er darauf bestanden, dass ich komme. Würde ich nicht mit dem Zug kommen, hätte er mich mit dem Auto aus Berlin abholen wollen. Da war mir die Zugfahrt doch um Einiges lieber. Im Zug kann ich mich etwas freier bewegen. Zwar muss ich zwei mal umsteigen, doch das wird schon kein Problem werden. Eigentlich hatte ich vor, alleine hinzufahren, doch Felix hatte sich sofort angeboten in seiner Freizeit mitzufahren. Erst zögerte ich ein wenig, doch er hat mich schnell überredet.
    
    Jetzt so kurz vor der Abfahrt überkommt mich ein mulmiges Gefühl. Ich bin gerade dabei mit Felix zu meinen Eltern zu fahren und werde das ganze Wochenende mit ihm verbringen. Es ist schon sehr lange her, dass ich einen Jungen meinen Eltern vorgestellt geschweige denn ihn zu einer Familienfeier mitgenommen habe.
    
    Wie peinlich wäre es, wenn die ihn gleich als Schwiegersohn begrüßen würden. Mit meiner Mutter habe ich am Telefon viel über Felix gesprochen. Wie toll er sich um mich kümmert. Dass er mir gar nicht mehr wie ein Zivi vorkommt, sondern ein Freund geworden ist. Ja richtig, wie ein Freund, aber doch nicht wie DER Freund. Was ist, wenn er mehr vermutet oder möchte. Ich bin genug damit ausgelastet für mein eigenes Leben die Verantwortung zu übernehmen. Ein Freund macht das ...
    ... Leben mit der Krankheit sicherlich nicht einfacher. Für uns beide würde es nur komplizierter werden.
    
    Kling, kling. Die Türglocke kündigt Felix an. Ich habe gar nicht gesehen, wie er gekommen ist. Schnell verdränge ich meine Gedanken. Zurück geht es jetzt eh nicht mehr. Ich setze mein Lächeln auf und begrüße Felix.
    
    "Hi Doro, hast du schon alles fertig, oder kann ich dir noch helfen? Wir haben noch eine halbe Stunde, bis wir los müssen." will Felix wissen. "Ich habe schon alles gepackt. Wir können gleich los. Dann haben wir am Bahnhof noch etwas Zeit um Reiseproviant zu holen. Ich bin auch nicht gerne erst kurz vor der Abfahrt am Zug." antworte ich und rolle in Richtung Garderobe. Dort steht bereits meine Reisetasche. In der Ecke hat Felix seinen Trekking-Rucksack abgestellt. Wir machen uns auf den Weg. An der Ecke ist die U-Bahn Haltestelle. Wir fahren mit dem Fahrstuhl runter. Die U6 fährt gerade ein und bringt uns zum Bahnhof Friedrichstraße. Von dort müssen wir zweimal den Fahrstuhl wechseln, bis wir zu den S-Bahngleisen gelangen. Felix hat bestimmt nicht die Zeit eingeplant, die wir mit der ganzen Warterei verlieren. Erst 15 Minuten vor der Abfahrt sind wir am Bahnhof. Felix organisiert den Bahnservice für die Einstiegshilfe und ich hole beim Bäcker noch den Proviant für die Fahrt. Am Gleis treffen wir uns wieder.
    
    Der Einstieg klappt problemlos. Die Türen schließen sich und der Zug setzt sich in Bewegung. Wir befinden uns auf dem Weg zu meinen Eltern. Der Zug ist ...
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