1. Neue Nachbarn


    Datum: 11.09.2019, Kategorien: CMNF

    ... hatte ich Räume und Einrichtung fast so gut gekannt wie in meinem eigenen Haus. Natürlich hatte sich der Grundriss nicht wirklich geändert. Räume, Türen, Fenster, die Treppe und andere Elemente der Architektur waren am gleichen Platz wie zuvor. Völlig verändert dagegen war das Dekor. Während mein Nachbar helle Farben und offene, sparsam möblierte Räume über alles geschätzt hatte, war die Einrichtung jetzt ... viele hätten es wohl altertümlich, sogar "düster" genannt, doch ich fand das Ergebnis zu reizvoll und zu vielseitig, um es als Verschlechterung zu empfinden.
    
    So hatten die neuen Eigentümer die dunkle Holztäfelung der Diele wieder frei gelegt, die mein Nachbar irgendwann mit hellen stoffbespannten Platten verkleidet hatte. Überall auf kleinen Tischen oder dem Boden sah ich Lampen oder Kerzenleuchter, die bei Nacht hier kein sehr helles, aber ein angenehmes Licht spenden würden. Die Wände der Wohnräume waren zuvor weiß oder hell gestrichen und bis auf einige sehr teure Originalabzüge von berühmten Fotografen fast leer gewesen; nun waren sie mit seidig glänzenden, wie Stoff wirkenden Tapeten in dunklen, warmen Farbtönen bespannt. Davor standen überall Bücherregale, die bis zur Decke reichten; die vielen tausend Bücher teilweise noch in Kisten davor. Während hier früher überall derselbe, elegante, aber etwas kühle Stil ausgesuchter Designermöbel geherrscht hatte, hatte nun jeder Raum eine andere Einrichtung und Atmosphäre.
    
    Der Salon, in den Johanna mich führte, war ...
    ... schon immer der zentrale Wohnraum gewesen. Der Raum war nun mit fast orientalischer Pracht und Verspieltheit eingerichtet. Die Tapete zeigte einen dunklen Goldton. Zwei echte Perserteppiche in passenden Farben lagen auf dem frisch versiegelten, dunklen Parkett. An den Seitenwände zogen sich neben und auch über den breiten Durchgängen in die Nachbarräume die erwähnten Bücherregale fast bis zur Decke; die Rückwand wurde von einem ausladenden, aber noch leeren, antiken Vitrinenschrank beherrscht. Es wäre eine schamlose Untertreibung gewesen, "Sitzgruppe" zu nennen, was den größten Teil des Raums einnahm - eine Sitzlandschaft aus mehreren breiten Couchs, die in S-Form aufgestellt waren. Auf den Sitzflächen, den Lehnen und auch auf dem Boden lagen überall große, dicke Kissen. Die Stoffe waren, in vollendeter Harmonie zu Wand und Teppichen, in Gold- und dunkleren, glänzenden Brauntönen gehalten, und vollends zu einem Raum wie aus Tausendundeiner Nacht wurde er durch die schweren, bauchigen Übervorhänge an den beiden hohen Fenstern und eine passende Stoffbahn, die sich von der Decke herabwölbte.
    
    Johanna bot mir einen Platz an und fragte, ob ich etwas trinken wolle, und ich bat um ein Glas Saft oder Wasser. Es stellte sich heraus, dass der Kühlschrank in der Küche leer war. Johanna entschuldigte sich; sie müsse in den Keller gehen und erst einmal schauen, wo der Lieferant die Getränke in dem Einzugschaos abgestellt habe.
    
    Ich entspannte mich und ließ die neue Atmosphäre dieses doch ...
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