1. Diarium - Jenseits von Glaube, Liebe, Hoffnung


    Datum: 11.09.2019, Kategorien: Romantisch

    ... über mir und anschließend quartierte ich sie bei mir im Gästezimmer ein. Den Weihnachtsstrauß für Mutter hatte ich im Wagen vergessen, holte ihn und gab ihn Gertrud mit einem Umschlag. Drei hatte ich zur Reserve gepackt.
    
    "Danke Michael! Aber das geht doch nicht. Ich kann Dir doch nicht auf der Tasche liegen.", kam es mit gebrochener Stimme aus ihrem Mund. "Ich lasse mich gerne verwöhnen. Du machst hier den Haushalt bis ich den Job für Dich geschaffen habe. Bisher habe ich alles was mit Werbung zu tun hatte an fremde Firmen vergeben. Auch wenn Du etwas länger aus dem Job raus bist, Deine Sprüche haben mir früher sehr gefallen." Als wäre die Sonne aufgegangen, strahlte Gertrud plötzlich.
    
    Mein verlorener Glaube, der Glaube an Glück und Familie, hielt bei diesem Strahlen wieder Einzug in mein Herz. Familie war ja eine Definitionsfrage, und meine Schwester war ein Teil dieser Familie. "Es wird langsam dunkel, aber ich muss unbedingt noch einen Besuch abstatten. Mach es Dir bequem, frühestens in einer Stunde bin ich zurück. - Achja, Bettinas Sachen hängen im Schlafzimmerschrank, die dürften Dir passen. Falls Du Dich nicht genierst. Ich wäre froh wenn sie jemandem nutzen würden. Bis später, Gertrud!"
    
    Auf dem Friedhof las ich auf den Grabsteinen die Namen der Verstorbenen: Klein, Mayer, Tschirner, Gottschling, Faust, Ellerding, Breitenkorn, Weirich, Mirsbach, Konkol, Adomeit, Leuthen, Gärtner, Schulenberg. Endlich hatte ich das Grab von Bettina und Jan erreicht. Den ...
    ... Winterstrauß packte ich in die Vase mit frischem Wasser. Das elektronische Grablicht schwächelte, ich wechselte die Batterie. In mich gekehrt sprach ich mit meinen Beiden. Oft hatte ich mich mit ihnen unterhalten, einen Weg gesucht, die Hoffnung begraben. Heute war es anders. Ein heftiger Wind kam auf, eine Böe erfasste mich und ich hatte Schwierigkeiten dagegen anzukämpfen. Es artete zu einem Orkan aus. Einige Gräber weiter stürzte ein Baum auf den Grabstein.
    
    Obwohl ich immer die Nähe zu meinen Lieben gesucht hatte, jetzt wollte ich nicht sterben. Ich hatte eine nützliche Aufgabe, meine Schwester. Still verabschiedete ich mich, lief zu dem Grabstein mit dem bis auf den Weg ragenden Baum. Anatoli Mirsbach stand auf dem Grabstein, gleicher Jahrgang wie Heinz. Er war auch schon drei Jahre unter der Erde. Im Gegensatz zu vielen anderen Gräbern war dieses Grab ähnlich gut gepflegt wie unser Familiengrab. Eine Schande dass solch ein Grab beschädigt wurde. Bei dem unangenehmen Wetter war ich froh als ich wieder in den eigenen vier Wänden war.
    
    Gertrud schüttete gerade etwas Gurkenwasser der Cornichons über den Kartoffelsalat. Nach alter Weise, wie früher, hatte sie sich fleißig ans Werk gemacht. Die Dose mit den Bockwürsten stand auch schon auf der Anrichte. Eigentlich hatte ich mir ein Steak in die Pfanne hauen wollen, aber die Nostalgie war mir doch sehr angenehm. "Das erinnert mich an Früher. Leider kann ich Dir keinen Weihnachtsbaum bieten, nach Feiern war mir seit Jans Beerdigung ...
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