1. Diarium - Jenseits von Glaube, Liebe, Hoffnung


    Datum: 11.09.2019, Kategorien: Romantisch

    ... als wenn ich mich mit dem Wagen durch die Staus quäle. Mit Daumen hoch wurde ich vom dienstältesten Mitarbeiter begrüßt. Oksana hatte schon nachgefragt welche Firma das Büro so schnell errichtet hat.
    
    "Morgen Herr Grünberg. Ein Chef der selbst Hand anlegt, perfekt gearbeitet, den lob ich mir. Den passenden Stuhl haben Sie bestellt und sonstige Schränke und Ablagen solle ich mir aus diesem Katalog aussuchen. Frau Kling hat mich schon informiert. Aber jetzt möchte ich erst mal arbeiten. Was haben Sie für mich?", fragte sie in ihrer direkten Art. Ich gab ihr Futter in Form eines speziellen Kundenwunsches.
    
    Sie hatte sich schnell in der Firma eingelebt, die Firmenhistorie hatte sie durchforstet, wurde allseits respektiert. Eckpfeiler ihrer Notizen waren die Termine von Marktneuheiten, und die jährlichen Weihnachtsfeiern. Bei vielen Entwicklungen hatten wir uns ergänzt, ein Spitzenprodukt nach dem anderen auf den Markt gebracht. Am Tage der Weihnachtsfeier war sie genau neun Monate in der Firma. Siebenundvierzig Kuverts hielt ich in Händen, gefüllt mit Geld aus dunklen Verkäufen.
    
    "Liebe Mitarbeiter! In diesem Jahr haben wir viel erreicht, Sie werden es an der Gratifikation merken, und uns zum Weltmarktführer in unserem Bereich emporgearbeitet. Nicht zuletzt dank Oksana Mirsbach. Darum möchte ich Ihnen mitteilen, ab dem neuen Jahr wird sie hier hauptsächlich Ihr Ansprechpartner sein. Nach elf Jahren benötige ich mal ein wenig Auszeit. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ...
    ... ein gesegnetes Weihnachtsfest!"
    
    Selbst für den kleinsten Angestellten hatte ich 1000 Euro als Bonus verteilen können. Oksana schaute mich allerdings ein wenig zerknirscht an, auch bei ihr war nur der gleiche Betrag im Umschlag. "Hätten Sie noch einen Augenblick Zeit bevor wir den Truthahn schlachten?" Ihr Gesicht hatte sich seit meiner Frage nicht verändert, aber sie folgte mir in mein Büro.
    
    "Zu gerne würde ich gerade jetzt in Ihren Kopf schauen wollen. Die Enttäuschung ist Ihnen anzusehen! Beantworten Sie mir meine Frage bitte absolut ehrlich. Was haben Sie eben gedacht?" Es war eine Herausforderung, Contenance oder Ehrlichkeit. "Ganz ehrlich? Was für ein Arschloch! Ich hab mir hier den Arsch aufgerissen und werde mit dem selben Butterbrot wie alle abgespeist.", sagte sie mit schwankender Stimmlage. Sie zitterte am ganzen Körper, das frei gesetzte Adrenalin, schaute mich mit großen Augen an und hielt sich mit einer Hand an meinem Bürotisch fest. Ihr Gesicht war feuerrot geworden, in der Hand hatte sie meinen alten Klammeraffen. Jeden Moment würde sie mir den Bettel vor die Füße schmeißen.
    
    "Oksana, schauen Sie bitte mal hierher." Ich hielt ihr einen Kontoauszug unter die Nase. "Ich muss mich entschuldigen, ich hatte Heinrich beauftragt Ihnen Ihre Scheckkarte zu entwenden." Ungläubig schaute sie mich an, betrachtete den Kontoauszug und stand mit offenem Mund da. Ich hatte ihr nachträglich das Gehalt verdreifacht, für ihre neun Monate. Auf der Habenseite war ein Eingang ...
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