1. Die See-Bestattung


    Datum: 13.11.2017, Kategorien: Verführung

    ... jenen Menschen bevorzugt würde, die sich emotional rasch von dem oder der Verstorbenen lösen möchten. Hierbei schaute sie mich mit ihren wunderschönen Augen eine lange Sekunde an. Zum Thema Verbrennung sagte sie dann sofort ja, bloß keinen Sarg. Für die Themen Anzeigenschaltung in der Regionalzeitung und Trauerkarten zeigte ich ihr einige Muster und wir fanden rasch eine Lösung. Seebestattung solle bitte hinein und für eventuell zugedachte Kranzspenden möge eine Konto zugunsten eines Kinder-Hospizes genannt werden. Ein paar alte Kollegen müßten doch schon benachrichtigt werden, meinte sie dann. Sie wolle aber trotzdem noch eine Nacht drüber schlafen, welchen meiner Vorschläge zum Thema See-Bestattung sie annehmen wolle, im Moment sei sie im Kopf noch völlig durcheinander, obwohl der Tod ja eigentlich nicht ganz überraschend für sie gekommen sei, angesichts der letzten Wochen und Monate der häuslichen Pflege. Ich nahm die Unterlagen an mich, die für die Ämter und Versicherungen erforderlich waren, vor allem Geburts- und Trauschein, die Renten-Unterlagen und die Versicherungs-Policen und versprach, mich um alles Wichtige zu kümmern. Ich warf noch einen verstohlenen Blick auf die Heirats-Urkunde, rechnete und las, daß sie 54 Jahre alt war. Dann ließ ich noch ein paar Prospekte für eventuellen Blumenschmuck der Gärtnerei da und nannte ihr auch noch ein paar Richtpreise. Ich wies auf unseren Hausprospekt hin, daß wir einen 24-Stunden-Service hätten, Abholung von zuhause mit ...
    ... eingeschlossen und ließ noch meine Visitenkarte mit meiner Handy-Nummer da. Beim Abschied hielt ich ihre Hand vielleicht eine halbe Sekunde länger, als ich es üblicherweise tue und schaute dabei in ihre schönen braunen Augen. "Ich melde mich bei Ihnen." Für die Routinearbeiten im Geschäft hatte ich einen sehr tüchtigen Hausmeister unter Vertrag, der mir die Fahrerei zum Krankenhaus, zum Krematorium und zu den Behörden abnahm. Dessen Frau war eine gelernte Bilanzbuchalterin, die tagsüber das Büro leitete und dafür sorgte, daß Geld ins Haus kam. Für das Grabausheben und das Sargtragen hatte der Hausmeister ein paar Kollegen aus der Nachbarschaft an der Hand, die in solchen Fällen - natürlich stets schwarz und feierlich gekleidet - aushelfen konnten. Deren Entlohnung in Form von Bier und Korn lief unkompliziert über meinen Hausmeister. Zum Glück hatte ich im Umkreis von 20 Kilometern bislang noch keine echte Konkurrenz, wenn man mal vom neuen Trend der Internet-Bestattungs-Unternehmen absieht. Nach der Tagesschau am Abend rief mich überraschenderweise Frau Lindsröm auf meinem Handy an. Sie hätte sich immer noch nicht entschieden, in welcher Form die See-Beerdigung vonstatten gehen solle. Sie sei aber sehr unruhig und könne einfach nicht schlafen, das Gespräch heute früh hätte sie doch sehr aufgewühlt. Eigentlich hätte sie auch noch ein paar Fragen zum genauen Ablauf einer See-Bestattung. Ich bot ihr sofort an, nicht bis morgen zu warten, sondern unverzüglich vorbeikommen zu können. ...
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