1. Unerwartetes in der Woche


    Datum: 19.08.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    UNERWARTETE ÄNDERUNGEN
    
    DAS ENDE DES ZWEITEN ABENDS
    
    Ich hatte es am zweiten Abend relativ leicht, nachdem ich vom Ausflug mit der Frau von Sturmleiten zurückgekommen war. Es gab nur sehr wenige Gäste an den mir zugeteilten Tischen, weil es offensichtlich ein Rennen von Ponygirls auf der Trabrennbahn unter Flutlicht gab. Jedenfalls hatte ich das vom Baron gehört, der zum Abendessen nur eine Tasse Tee geordert hatte und dann schnell zu der Veranstaltung gegangen war. Wahrscheinlich war auch deswegen Amelie zu ‚Mistral' geworden und lief dort nachher mit vor einen Sulky gespannt.
    
    Natürlich war ich neugierig zu sehen, was sich dort abspielte, aber ich konnte und wollte meinen Dienst nicht unterbrechen. Insbesondere nicht, weil ich mitbekommen hatte, vor welche Wahl Angela nach ihrer zweiten Verspätung gestellt worden war. Zehn Minuten Verspätung nach der Pause war in meinen Augen nicht so dramatisch, aber das nahm sich in der Meinung von Frau von Sturmleiten ganz anders aus. Es hörte sich nicht gut an, als sie Angela vor die Wahl stellte, entweder sofort aufzuhören oder bei der Versammlung voraussichtlich am nächsten Morgen die angekündigte Strafe anzunehmen. So streng hatte ich die Frau noch nicht erlebt. Angela war zunächst empört und hatte lebhaft protestiert. Dieser Einspruch brachte noch mehr Stirnrunzeln von Frau von Sturmleiten. Angela hatte dann aber schnell klein beigegeben, weil sie den gut bezahlten Job wirklich brauchte, wie sie erklärte. Das kam auch nicht ...
    ... gut bei der Dame an.
    
    Nach ihren Worten war es nicht die Tatsache der Verspätung an sich, sondern eher das Ignorieren der ernsten Verwarnung nach ihrer ersten Verspätung. Die erste Verspätung sei ja nicht bestraftworden, aber Angela hätte nicht darauf setzen sollen, dass auch die Verwarnung keine Folgen hätte. Das sei ein Zeichen von mangelnder Folgsamkeit, die sich ein Pony nicht leisten könne, weil sie zum Beispiel vor einen Sulky gespannt Scheuklappen tragen würden und dann sofort auf Lenksignale des Trainers reagieren müssten. Sie könnten Gefahren, die von der Seite kommen, nicht sehen und müssten sich daher auf die Einschätzung verlassen. Umgekehrt müsste sich auch der Fahrer des Sulkys darauf verlassen können, dass das Pony prompt und folgsam reagieren würde. Wie sie so begründete, weshalb die zweite Verspätung kein kleines Problem war, leuchtete mir langsam besser ein.
    
    „Pony Angela, du wirst heute am Ende des Dienstes deine Entscheidung treffen können. Amelie Jäger hat euch allen ja mitgeteilt, was eine Minute Verspätung bedeutet. Wer sich als Ponymädchen weiter entwickeln möchte, muss sich auch damit abfinden, dass sowohl Lob und Tadel als auch Streicheln und Bestrafungen zu diesem Dasein dann dazugehören. Ponymädchen können materielle Vorteile erhalten, ja -- aber das allein als Motivation reicht meistens nicht aus. Eine Saison als Pony kann sonst ziemlich lang sein. Entweder finden sie diesen Lebensstil faszinierend genug, um ihn erkunden zu wollen -- oder sie ...
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