1. Crashgirl im Schatten


    Datum: 18.06.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... ebenfalls beschleunigte. Doch während ihre Maschine keine hundert Kilo wog, musste der gepanzerte Wagen weit mehr Kraft aufwenden, um auf ihr Tempo zu beschleunigen. Crashgirl hatte Glück. Die Autobahn war frei und so erreichte sie fast dreihundert Sachen, bevor die Polizisten in dem Wagen auch nur nach Verstärkung rufen konnten.
    
    Es tat gut, so viel Power unter dem Hintern zu haben, und ihr Körper schmiegte sich an die Konturen ihres Bikes, um den gewaltigen Luftwiderstand zu reduzieren. Nicht jeder konnte ein Zweirad bei fast dreihundert Kilometer pro Stunde noch beherrschen, aber für die junge Frau war es ein Vergnügen, gekonnt zwischen zwei sich überholenden Gigalastzügen hindurchzuziehen, von denen einer gerade an einer durch eine Baustelle verengten Stelle ein Überholmanöver versuchte. Die Polizei würde damit wohl weit größere Schwierigkeiten haben.
    
    Doch um ihre Verfolger sorgte sich die Runnerin eigentlich nicht. Im Helmvisier wurden ihr die Telemetriedaten eingeblendet und verrieten ihr die für die Schmugglerin lebenswichtigen Informationen. Die Grenze von Groß-Frankfurt lag unmittelbar vor ihr, und damit endete auch die Zuständigkeit der fränkischen Regierung. So lange man ihr keinen Mord anhängte, war sie nun in Sicherheit. Um auf Nummer sicher zu gehen, verließ sie die Autobahn und fuhr auf den Nebenstraßen nach Fechenheim, wo man bereits auf sie wartete.
    
    ***
    
    Das Viertel war einst eine angesagte Gegend an der Grenze zwischen Offenbach und Frankfurt. ...
    ... Doch nach der Finanzkrise von 2047 war es zu einem der zahlreichen Slums der Megacity verkommen. Leerstehende Bürogebäude wurden als billiger Wohnraum genutzt, und die großen Flächen eines alten Autohauses von Daimler dienten nun als ständiger Flohmarkt, auf dem neben dem Verkauf des üblichen Second Hand Krames auch Schwarzmarktgeschäfte über die Bühne liefen. Crashgirl kannte dieses Viertel gut, denn hier war sie daheim. Fast jede Fotze und jeden Schwanz auf der Straße kannte sie beim Namen. Zumindest mit dem Namen, den sie auf der Straße hatte.
    
    Sie hielt vor einer Hinterhofbar, die sich das Happy Windows nannte. Ihr Besitzer war ein gewisser Coy, der mit allem handelte, was Geld brachte. Und irgendwie hatte er es wohl geschafft, damit schon sehr lange durchzukommen. Sie zog den Helm über ihren Kopf und entblößte damit ihr schulterlanges Haar. Im Licht eines vorbeifahrenden Lieferwagens konnte man deutlich die lila Färbung erkennen, die von einer einzigen schneeweißen Strähne verziert wurde.
    
    Aus dem Schatten heraus beobachtete Crashgirl, wie Hammer seinen Schwanz in den Hals der jungen Rachel schob. Das Mädchen tat ihr fast leid, denn der durch Drogen und Bioware gewachsene Schwanz schien ihr fast in den Hals zu reichen. Der Blick der Runnerin fiel auf die billige Chipbuchse in Rachels Nacken. Die künstliche Haut war bereits vom vielen Stecken abgegangen und ließ unter dem roten Haar nun deutlich das Chrom im schwachen Licht der Straßenbeleuchtung aufblinken.
    
    Viele ...
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