1. Ein Verhältnis am Rand des Terroristenprozesses


    Datum: 26.12.2018, Kategorien: Verführung

    ... Brötchen abbeissen und schob ihm einen Löffel voll Müsli in den Mund. Er gab mir Recht und versprach, morgen dasselbe zu essen wie ich.
    
    Das Wetter hatte sich gebessert, es regnete nicht mehr und die letzten Wolken verschwanden langsam. Die Temperatur lag jetzt bereits um 7 Grad. Also nächsten Gang einlegen. Ich bettelte "Da drüben liegt die Kirche Madonna del Sasso, die ich mir liebend gern ansehen möchte. Das sind keine 2 km Wegstrecke. Wir haben füglich Zeit, wenn wir uns hier die Velos ausleihen, das ist ja kostenlos". An der Rezeption bestätigte man uns, die Distanz betrage sogar nur 1,7 km. Andy war nicht begeistert, aber auch kein Spielverderber. Er stimmte dem Vorschlag zu "Es ist noch nicht 10 Uhr und die Verhandlung beginnt um 14 Uhr. Die vier km hin und zurück schaffen wir in 10 Minuten. Da hast du noch ordentlich Zeit für einen Rundgang. Ich habe die Räder bereitstellen lassen". Ich fiel ihm wieder einmal um den Hals und hoffte, dass er später nicht zu wütend werden würde. Es waren nämlich immerhin 170 Meter Höhendifferenz, also eine Steigung von 10 Prozent zu überwinden. Er ächzte und stöhnte, ich noch mehr. Ich blieb öfter etwas zurück, manchmal schob ich auch das Rad und ging zu Fuss. So kriegte er den Eindruck, dass ich mich überschätzt hatte und motivierte mich immer wieder mit Worten wie "Wir haben es gleich geschafft", oder "Willst Du eine kleine Pause einlegen?" und schliesslich "Wir haben es geschafft". Ich sah heimlich auf die Uhr, 29 Minuten. Zu ...
    ... Fuss hat man nicht viel länger. Es lag noch harte Arbeit vor mir, bis er die Steigung in 12 Minuten schaffte. Aber vorläufig war es besser, mich wegen meiner dummen Idee und Fehlplanung gebührend zu entschuldigen und tat das mit einem Küsschen auf seine Wange.
    
    Montag, 29. Februar, erster Prozesstag. Zu Prozessbeginn waren wir pünktlich im Verhandlungssaal. Ich hatte noch Zeit, mit zwei, drei Presseleuten zu plaudern und ihnen Andy vorzustellen. Ferner handelte ich mit einem Zeichner einen guten Preis aus. Man durfte ja nicht fotografieren, aber ich brauchte Bilder, denn mein Bericht sollte im Fernsehen einen runden Eindruck hinterlassen. Dann richtete ich mich mit Andy etwas abseits von den Anderen auf den Zuschauerreihen ein. Ich war mir nicht sicher, ob hier Notebooks erlaubt sind und verwendete für die Notizen mein iPad.
    
    Die Verhandlung verlief langweilig und langfädig mit wenig handfestem. Angeklagt waren vier Iraker. Eine Stunde lang wurde der Haupttäter, ein zwielichtiger, unsympathischer Mann im Rollstuhl befragt. Er sabotiert uns Journalisten, indem er sich häufig mit weggedrehtem Kopf soweit zurücklehnte, dass man ihn trotz dem Mikrofon kaum verstehen konnte. Der Nächste schien ein arbeitsloser Sozialschmarotzer zu sein, seine Befragung dauerte nicht viel länger als 10 Minuten, wobei schnell klar wurde, dass er von der Staatsanwältin zum zweiten Haupttäter erhoben werden könnte. Noch kürzer, nur etwa 5 Minuten war die Befragung des dritten Angeklagten. Er gab den ...
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