1. Steif vor Kaelte


    Datum: 30.09.2017, Kategorien: Erstes Mal

    Jens war immer noch unterwegs und das bei diesem blöden Schmuddelwetter. Wenn es wenigstens richtig schneien würde und der Schnee liegen bleiben würde, dann wäre es halb so schlimm. Es ist ein harter Marsch bergauf durch den Wald und das nur, weil er den Bus verpasst hatte. Ein Auto fuhr natürlich auch nicht. Eine Stunde war er nun einsam auf dem Weg nach Hause, es waren noch etwa zwei Kilometer.
    
    „Scheiße", murrte er, „das wird ja noch schlimmer!"
    
    Er hatte schon recht mit seiner Feststellung; drunten im Tal hatte er nicht daran gedacht, als er loslief, aber oben auf der Höhe ist es meist kälter. Der Weg wurde noch beschwerlicher, es knirschte längst unter seinen dicken Stiefeln. Der alte Schneematsch gefror und der neue Schnee legte sich wie Puderzucker darüber. Jens, obwohl warm angezogen, begann langsam doch von innen heraus kalt zu werden.
    
    Doch was war das da vorne? Rechts am Straßenrand kauerte etwas. Hatte ein Autofahrer da jemanden angefahren? Jens riss sich zusammen, erschöpft, wie er war. Zu seinem Schrecken stellte er fest, es war die fast gleichaltrige Janina, aus dem vier Kilometer entfernten Dorf nebenan.
    
    „Janina, Janina", rief er, nahm das Mädchen hoch in seinen Arm und tätschelte ihre Wangen.
    
    „Oh", klang ein röchelndes Stöhnen aus ihrem Hals. Sie öffnete langsam ihre Augen. „Ach du bist es Jens", stöhnte sie nur leise, fast kraftlos.
    
    „Wieso liegst du hier?", zeigte sich Jens besorgt.
    
    „Ich bin diesem blöden Bus winkend hinterher gerannt, ...
    ... aber dieser doofe Fahrer hat mich wohl nicht gesehen. Dann verließ mich die Kraft. Ich weiß nicht mehr ..." Ihr Kopf glitt zurück, die Augen schlossen sich.
    
    Ich kann sie doch nicht hier liegen lassen
    
    , war alles was Jens noch einfiel. Er griff beherzt zu und hob Janina hoch. Es schien fast automatenhaft, wie Janina ihre Beine bewegte. Jens war noch sturer; Bein wurde vor Bein gesetzt. Der Gedanke
    
    nur nicht hinfallen, dann erfrieren wir beide
    
    , beherrschte seinen Geist.
    
    Nach gut zwanzig Minuten stand Jens endlich völlig entkräftet vor der Haustüre seiner Eltern. Er wohnte noch dort.
    
    „Wen schleppst du denn da an?", schrie seine Mutter entsetzt, als sie erkannte, dass ihr Sohn eine völlig erschöpfte Person mit nach Hause brachte.
    
    „Janina, aus dem Nachbarort. Ich kenne sie. Sie lag am Straßenrand", keuchte Jens. „War wohl ein Unfall, ich sprach kaum mit ihr."
    
    „Dann erst einmal ins Warme mit euch", kommandierte die Mutter.
    
    „Am besten ins Bett, in meinem Zimmer, ich bin völlig kaputt", bat Jens, wohl bereits etwas umnebelt. Ob er dabei an Janina dachte, sei dahingestellt.
    
    Der Vater, inzwischen auch herbeigeeilt, und die Mutter, transportierten die beiden in das Zimmer von Jens. Die Mutter befreite Janina von der nassen Oberbekleidung, der Vater tat dasselbe bei seinem Sohn. Beide wurden ins Bett gepackt und gut zugedeckt. Die Mutter erlag halt dem Irrtum das
    
    ich kenne sie
    
    , was ihr Sohn vorher sagte, beziehe sich auf eine Freundschaft. In den ...
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