1. Herbstblues


    Datum: 26.04.2018, Kategorien: Kunst,

    Anmerkung: Dieser Text könnte Text enthalten. Text ist ein unerwünschtes Nebenprodukt, das beim Reinigen von Computertastaturen entsteht und hochgiftig ist, da es die Synapsen anregt und zu einem Gehirninfarkt, dem sog. "Creative Writing Collapse", führen kann. Lesen sie immer verantwortungsvoll und nachhaltig.
    
    Ihr Bundesministerium für Lesestoff und andere Drogen
    
    Das Designer-Windspiel klirrte keck im rauen Herbststurm draußen auf dem Balkon. Lydia las gerade ein neues Buch ihrer Lieblingsautorin Rebecca Clark-Gable, dessen zweitausend Seiten sie in das Venedig des 15. Jahrhunderts entführten, wo der Glück suchende Glasbläser Paolo völlig unerwartet in eine Intrige des doofen Dogen stolperte und mit freiem Oberkörper die Adria durchschwimmen musste, um seine Geliebte Donatella vor einer Horde hungriger Chimären in Kleinasien zu erretten. Schwerer Stoff also für einen Leseabend unter der Woche!
    
    Plötzlich klopfte es an der Tür ihres Appartements. Mürrisch klappte sie das Buch zusammen und marschierte in rosa Plüschschlappen zur Wohnungstür. Seit der Türspion in Rente gegangen war und sich noch kein neuer hatte anwerben lassen, war es ein reines Lotteriespiel zu öffnen, denn schließlich wusste doch jeder, dass es immer mehr Trickbetrüger gab, die zwischen Tür und Angel echte Pradataschen zu gefälschten Preisen verkauften.
    
    Mit pochendem Herzen blickte Lydia in den Türspalt. Doch es war nur Herr Maier, ihr Nebenmann aus dem dritten Stock, ein älterer aber durchaus ...
    ... adretter Herr, der seit dem tragischen Verlust seiner Gattin beim Wassertreten (das Wasser hatte zurückgetreten) oft bei Lydia Anschluss suchte.
    
    "Grüß Gott, Fräulein Lydia. Ich will sie nicht weiter belästigen, aber sie müssen wissen, heute vor genau drei Monaten ist meine liebe Elsa von uns gegangen und mir ist seit heute Morgen schon so schwer um das Herz!"
    
    Lydia schossen Tränen in die Augen. Der arme Mann! Wohin sollte er denn auch an diesem kalten Herbstabend? So bot sie ihm kurzerhand eine kräftige Tasse Tee an und führte den dankbaren Pensionär in ihr Wohnzimmer.
    
    "Wollen sie ein bisschen fernsehen?", fragte sie artig und Herr Maier antwortete ihr freudig: "Das ist eine hervorragende Idee. Heute kommt doch eine neue Folge von 'Alarm für Cobra 11'. Ich liebe einfach anspruchsvoll erzählte Fernsehserien!
    
    "Aber, aber, Herr Maier!", antwortete Lydia, "Da versammelt ein halber Tatort, nachgespielt von der Theater-AG einer Vorschule, doch mehr Charme, Humor und künstlerische Stringenz, als diese Krach-Bumm-Peng-Aktion mit dem Quotentürken Atalay und seinem debil grinsenden Modelpartner, der auf der Schauspielschule in der Prüfungskategorie 'Ausdruck' gegen ein Faxgerät verloren hat!"
    
    "Da haben sie wohl recht, Fräulein Lydia!", gab ihr Herr Maier nach einer kurzen Weile recht. "Unter diesem Gesichtspunkt wäre es wohl doch besser, ich schaute mir den 'Bergdoktor' an!"
    
    Während Lydia den Tee aufgoss zog sich Herr Maier seine Socken aus. Er gehörte zu der Sorte von ...
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