Paris vaut bien une messe
Datum: 17.09.2017,
Kategorien:
Schamsituation
Eine süße 16-Jährige, nackt im großen Himmelbett sich in Erwartung des Königs räkelnd, lange blonde Haare, weiße Haut eine schlanke Taille. Wahrhaft eine verlockende Vorstellung! Welcher Mann in den besten Jahren könnte solch einer süßen Versuchung schon widerstehen?
Schon gar nicht Henri Quatre, par la grâce de Dieu, Roi des Français et de Navarre, Krieger und Friedensstifter, legendärer Liebhaber und begeisterter Vater, der sich, als er sich der Macht über das Land endlich sicher sein kann, als "ein Ausbund an Vitalität" erweist, trotz seiner 47 Jahre (die in jener Epoche als ein vorgerücktes Alter gelten) und immer noch ausgesprochen gut aussieht selbst mit dem ergrautem Bart und der allzu prominenten Nase, die fast seine Oberlippe erreicht.
Pragmatisch ist er immer schon gewesen. Von 1572 bis 1599, also immerhin 27 Jahre mit Margarete von Valois verheiratet, die ihm den Anspruch auf den französischen Thron mit in die Ehe bringt, läßt er die kinderlose Verbindung von Papst Clemens VIII. auflösen, da das Reich einen Erben benötigt. Beide Ehepartner haben sich bereits während der Ehe zahlreiche Mätressen und Liebhaber gehalten. Und ein absolut herrschender König kann sich natürlich auch sexuelle Freiheiten praktisch nach Belieben nehmen.
Für die französische Krone konvertiert Henri auch ohne Skrupel, übrigens zum zweiten Mal, in der Kathedrale Notre Dame in Paris zum katholischen Glauben. Der Ausspruch: "Paris vaut bien une messe (Paris ist eine Messe wert)" ist ...
... seither legendär. Mit einer derartigen liberalen Einstellung wären sämtliche Religionskriege vermeidbar. Vielleicht haben blutige Ereignisse zu seinen Lebzeiten wie die Bartholomäusnacht ja zu dieser weisen Erkenntnis geführt.
Die wichtigste Quelle der Daseinslust Heinrichs von Navarra ist eine erotische Dynamik, wie sie keinem anderen König, auch keinem Präsidenten Frankreichs nachgesagt werden kann. Seine Bewunderer mögen die Liebeskräfte des "guten Königs" übertrieben haben, aber man berichtet
von 56 Mätressen, die mit Namen verzeichnet seien. Die Unbekannten und Unbenannten dazugerechnet, muß die Zahl wohl verdoppelt werden, und die Schar der Kinder, die er gezeugt hat, ergibt eine stattliche Gemeinde.
Im Oktober 1600, kaum von Margarete getrennt, heiratet er per procurationem die dicke aber schwerreiche 25-jährige Maria von Medici, die ihm bereits 1601 den ersehnten Dauphin Ludwig schenkt. Damit ist der Fortbestand der Bourbonendynastie, die heute noch in Spanien herrscht, gesichert.
Henri hat natürlich nicht die Absicht, sein ausschweifendes Liebesleben in irgendeiner Hinsicht einzuschränken, nur weil er jetzt mit Maria verheiratet ist. Obwohl er großen Wert auf sein leibliches Wohl und das seiner Untertanen legt, hält ihn auch die legendäre Kochkunst der florentinischen Chefs in Marias Hofstaat nicht bei der Stange. "Si Dieu me prête vie, je ferai qu’il n’y aura point de laboureur en mon royaume qui n’ait les moyens d’avoir le dimanche une poule dans son pot!" ...